Einer schiebt es auf den anderen – wann übernimmt wer Verantwortung?


01. Februar 2024

Hunderte Autos tasten sich schon jetzt im Winter Tag für Tag an der Baustelle in der Wachtlerstraße vorbei – manch großem LKW gelingt das nicht, ohne eine der gesetzlich geschützten alten Alleelinden heftig zu beschädigen. Der Baum hat deutlich erkennbare Anfahrschäden. Das Problem war bereits Mitte Dezember erstmals sichtbar. Mit schwarzer Folie wurden die Wunden im Holz an Stamm und Ästen damals abgedeckt. Mittlerweile ist auch diese Folie abgefahren, hängt in Fetzen am Baum, neue Schäden am Holz sind dazu gekommen. Besagte Linde steht nicht innerhalb der Baustelleneinrichtung Wachtlerstraße 11, sondern genau auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Demzufolge müsse sich die Stadt darum kümmern, meinten Baustellenverantwortliche jüngst – die Baustelle für den Abriss des ehemaligen Ärztehauses sei ja von allen Ämtern genehmigt, so wie sie ist.

Das kommunale Wohnungsunternehmen plant an dieser Stelle einen Neubau mit neun Mietwohnungen zwischen 80 und 125 Quadratmetern. Allesamt kein sozialer Wohnungsbau. Die Baustelleneinrichtung umfasst gut die Hälfte der Breite der Wachtlerstraße, die Durchfahrt für Autos, Busse und LKW ist auf einer Länge von etwa 25 Metern stark verengt. Sämtlicher Verkehr rollt somit über die nördliche Fahrbahnhälfte, die ebenfalls von den Alleebäumen – gut 100 Jahre alte Linden – gesäumt wird. Unsere Redakteurin hat sich dazu Gedanken gemacht...

Ohne die Baustelle wäre das Problem dieser Alleebaumbeschädigung wohl niemals aufgetreten, das dürfte unbestritten sein. Auf dem betroffenen Straßenabschnitt, wie auf der gesamten Nordseite der Wachtlerstraße entlang des Warnemünder Kurparks, befanden sich bislang ausgewiesene PKW Parkplätze für Anwohner und Gäste des Seebades – Stellflächen für den ruhenden Verkehr. Für die Dauer der geplanten Bauarbeiten, inklusive Abriss und Neubau des Hauses (DWM berichtete 13.10.2023), wird es nun voraussichtlich bei dem Nadelöhr für den Durchgangsverkehr bleiben.

Wie soll das laufen, wenn die nächste Strandsaison in Warnemünde naht und die Straßen wieder voller werden? Die Abrissarbeiten haben gerade erst begonnen. Unzählige Container voller Bauschutt müssen in den kommenden Wochen abtransportiert werden. Wegen der Enge der Baustelle müsse der Abriss Gebäudeensembles aus Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus vorerst ohne schweres Gerät erfolgen. Nachdem in den vergangenen sechs Wochen der Schornstein Stein für Stein zurückgebaut wurde, solle nun das Vorderhaus per Hand nach innen hin abgetragen und in bereitstehende Container gebracht werden, geben Baustellenplaner einen Ausblick.

Nach anfänglicher Planung sollte der Abriss laut Wiro-Blog Ende Oktober 2023 beginnen und bis Februar dieses Jahres erledigt sein. Die Praxis spricht eine andere Sprache. Das Wetter ist eben wirklich schlecht bis gar nicht berechenbar. Platzmangel schon. Wenn sich nun der Abriss eines bestehenden, weitgehend intakten Gebäudekomplexes in der Praxis als derart aufwendig und offenbar langwierig erweist – ist der Komplettabriss gefolgt vom Neubau eines Hauses dann wirklich die günstigste Lösung für die Schaffung von neun Wohnungen? Wer berechnet die Gesamtenergiebilanz?

Wer trägt die Verantwortung, falls es nicht so ist? Keiner. Wer trägt die Konsequenzen? Alle gemeinsam – und Kollateralschäden, wie kaputtgefahrene Alleebäume auf der gegenüberliegenden Straßenseite, sind da noch gar nicht mit eingerechnet. Apropos – wer kümmert sich jetzt eigentlich um die verletzte Linde?

RikeM


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