Drei Monate Landstrom in Warnemünde: Wie wird die Anlage genutzt?


17. August 2021

Am 10. Mai 2021 wurde die Landstromanlage im Kreuzfahrthafen Warnemünde offiziell in Betrieb genommen. Mit einer Leistung von bis zu 20 Megavoltampere kann das rund 19 Mio. Euro teure Aggregat an den Liegeplätzen P7 und P8 zwei Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig mit Strom beliefern. Die Landstromanlage gilt damit als die derzeit größte Europas. Dazu kommt, dass der Strom aus Wasserkraft gewonnen wird und damit eine klimaneutrale Versorgung sichert (DWM berichtete)

Doch wird bei den vorerst insgesamt 39 avisierten Anläufen in diesem Jahr auch tatsächlich Landstrom „gezapft“? Was die 18 Besuche von AIDAsol betrifft, kann die Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden: „Wir nutzen in Warnemünde den Landstrom“, bekundet Hansjörg Kunze, Unternehmenssprecher bei Aida Cruises. Mit AIDAsol und AIDAprima seien die aufwändigen Tests für den Regelbetrieb in den vergangenen Monaten erfolgreich gemacht worden, was übrigens auch für die Kreuzfahrthäfen in Kiel und Hamburg gelte.

Bei der Mein-Schiff-Reihe von Tui Cruises sieht es schon anders aus. Sechs Mal wurden und werden in diesem Jahr Mein Schiff 1, 3 und 6 an der Warnowmündung willkommen geheißen. „Aktuell beziehen wir noch mit keinen Schiff Landstrom“, bekennt die für Umwelt zuständige Sprecherin von Tui Cruises, Friederike Grönemeyer. Alle Schiffe seien zwar vorausgerüstet, doch bislang sei man nur bei Mein Schiff 4 einen Schritt weitergekommen. „Das Schiff war im vergangenen Jahr in der Werft um dort den Landstromanschluss nachrüsten zu lassen, aber es muss noch einiges nachjustiert werden“, so Grönemeyer die gleichzeitig betont, dass nach und nach alle Schiffe der Flotte nachgerüstet werden. „Dann werden wir dort, wo es möglich ist, die Landstromanschlüsse auch nutzen und somit einen emissionsfreien Schiffsbetrieb während der Liegezeit sicherstellen.“ Wie es im kommenden Jahr aussieht? Aktuell sind für September und Oktober 2022 fünf Anläufe mit der Mein Schiff 4 in Warnemünde geplant – jeweils mit Passagierwechsel. Ob man dann soweit ist, hier auch Landstrom beziehen zu können, steht noch nicht fest.

Zwölf Mal steuert MSC Seaview in diesem Jahr die Warnemünder Molenköpfe an. Nach Unternehmensangaben verfügt das Schiff über einen Landstromanschluss. Genutzt wird er in Warnemünde allerdings noch nicht. Unternehmenssprecher Dominik Gebhard spricht von einem sehr komplexen Projekt, „das Zeit für diverse Vorbereitungen und Abstimmungen mit vielen Beteiligten, technische Tests usw. benötigt.“

Das bestätigt auch Rostock Port Sprecher Christian Hardt: „Jedes Schiff muss die Konformität seiner bordeigenen Landstromtechnik durch eine Klassifikationsgesellschaft zertifizieren lassen. MSC Seaview besitzt eine derartige Zertifizierung noch nicht“. Erst nach erfolgter Zertifizierung der Landstromtechnik an Bord eines Schiffes könne diese auch an eine Landstromanlage angeschlossen werden. Schließlich gehe es hier um enorme Strommengen, die über einen relativ kurzen Tageszeitraum havariefrei übertragen werden müssen. Abschließend würden für jedes Schiff mit Landstromanschluss sogenannte Schiffsintegrationstests durchgeführt. Dabei werden das Land- und Bordnetz miteinander synchronisiert. Das ist letztlich die Voraussetzung dafür, dass die Stromversorgung einer schwimmenden Kleinstadt künftig per Knopfdruck ein- und ausgeschaltet werden kann.

Unser Fazit: Eine Landstromanlage im Hafen macht noch keinen sauberen Kreuzfahrttourismus. In Deutschland gibt es derzeit (noch) keine Landstrompflicht. Das heißt, dass ein Schiff, selbst wenn es über einen Landstromanschluss verfügt, nicht dazu verpflichtet werden kann, im Hafen auch Landstrom zu beziehen. Vielmehr ist bei öffentlich geförderter Infrastruktur – bei den Hafenanlagen in Hamburg, Kiel und Rostock ist das der Fall – ein „diskriminierungsfreier“ Zugang sicherzustellen. Um einen nachhaltigen Schiffsbetrieb für noch mehr Reedereien in Warnemünde und im Überseehafen attraktiv zu machen, gewährt Rostock Port seit Jahren Rabatte für umweltfreundliche Schiffe.

Foto: Rostock Port/ Nordlicht


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