Anwohner, Gewerbetreibende und Gäste sind sich selten so einig: Der Frust über die zahlreichen Baustellen im Ostseebad wächst – ebenso wie die Sorge um eine ohnehin herausfordernde Sommersaison. Ganze Straßenzüge sind aufgerissen, Umleitungen verwirren selbst Ortskundige, und die S-Bahn fährt mitten in der Hauptsaison nur noch alle 30 Minuten. Warnemünde ist derzeit gefühlt eine einzige Dauerbaustelle – mit deutlichen Folgen für das lokale Geschäftsleben.
„Die Stimmung ist schlecht – das hören wir immer wieder von unseren Gästen“, berichtet Henry Gidom, Inhaber der Brauerei Hoppen & Molt in der Alexandrinenstraße. Besonders ärgert ihn die mangelnde Kommunikation seitens der Maßnahmenträger: „Der Baustellenatlas der Stadt Rostock ist nicht aktuell, und es ist kaum nachvollziehbar, warum in der Gewettstraße zwei Monate lang nichts passiert, nachdem alles aufgerissen wurde.“ Trotz stabiler Umsätze macht sich Gidom Sorgen. „Unsere Stammgäste überlegen sich sehr genau, ob sie sich das aktuell antun wollen.“
Ein deutliches Minus muss hingegen Nadine Squarra vom Ladencafé „Warnefornien“ verkraften. 23 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr sprechen eine klare Sprache. Auch sie beobachtet einen Rückgang der Gäste – sowohl bei Touristen als auch bei Einheimischen. „Viele finden uns einfach nicht mehr. Die Verkehrsführung ist ein einziges Wirrwarr“, sagt sie. Besonders kritisch sieht sie, dass die lokalen Unternehmer bei der Planung außen vor gelassen wurden: „Mit mehr Information im Vorfeld hätten wir anders reagieren können – mit weniger Ware, weniger Personal oder einer Verschiebung des Urlaubs.“
Besonders dramatisch zeigt sich die Situation in der Mühlenstraße, wo Jan Krugmann gemeinsam mit Michael Brügmann vier Restaurants betreibt. „Die Gäste kommen nur noch bei richtig gutem Wetter. Das ist ein klares Zeichen“, so Krugmann. „Wenn man dann noch hört, dass auch die Heinrich-Heine-Straße und die Rostocker Straße blockiert sind, fragt man sich: Wer koordiniert das eigentlich?“ Hinzu kommt die reduzierte Taktung der S-Bahn – für viele Urlauber ein weiterer Grund, Alternativen zum Ostseebad zu suchen. Der Umsatzrückgang: rund 20 Prozent.
Auch im Einzelhandel schlägt sich die Lage nieder. Martin Ernst, Geschäftsführer des Janmare Brillenkontors Am Strom, spricht von chaotischen Zuständen, selbst wenn die Umsätze bei ihm noch stabil sind. „Viele unserer Kunden wissen nicht, wie sie uns erreichen sollen. Vor allem Rostocker, die eigentlich schnell mal nach Warnemünde fahren würden, drehen inzwischen wieder um.“ Besonders problematisch sei die Umleitung über die Straße „Zum Zollamt“, die bei gutem Wetter regelmäßig an ihre Belastungsgrenze gerät. Ernst bringt es auf den Punkt: „Es muss gemacht werden – aber bitte nicht alles gleichzeitig!“
Zur Ehrenrettung der für den Fernwärmeausbau verantwortlichen Rostocker Stadtwerke und des Tiefbauamts sei jedoch angemerkt: Die Baumaßnahmen wurden im Vorfeld angekündigt – etwa im Rahmen einer Ortsbeiratssitzung im vergangenen Herbst (DWM berichtete). Auch eine Informationsveranstaltung für Anwohner hat stattgefunden. Doch der Eindruck vor Ort ist ein anderer: Es fehlt weniger an Information als an klarer Struktur und vor allem an einer praktikablen Koordination der Maßnahmen.
Mit dem baldigen Start der Sommerferien, Ende Juni in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steht Warnemünde nun vor einer kritischen Phase. Viele Unternehmer blicken mit Sorge auf die kommenden Wochen. Der touristische Sommer 2025 beginnt – aber Warnemünde wirkt noch nicht bereit dafür.
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Fernwärme in Warnemünde ist wenig sinnvoll da moderne Gasthermen sogar bis zu 10% effizienter in Ein- und Mehrfamilienhäusern arbeiten. Warum sollen gut funktionierende, bestehende Heizungsanlagen mit einem wahnwitzigen Aufwand überhaupt getauscht werden? Niemand friert in Warnemünde und die gegenwärtigen sowie zukünftigen Arbeiten sind nicht nur ärgerlich für alle Anwohner, Gäste und Unternehmer sondern vollkommen überflüssig, weil das Heizen im Anschluss nur für wenige Häuser effizienter und kostengünstiger wird. Ideologscher Irrsinn. Wer hat sowas beschlossen, wer verdient daran?
Der Umsatzrückgang ist aber nicht den Baustellen geschuldet, sondern der allgemeinen Inflation. 2024 war der Höhepunkt aller Buchungen und Übernachtungen, und dieses Jahr kam der Absturz Grund ist wohl eher die Inflation. Das Geld wird eben knapp.
Grüße vom Darß,, denn hier sieht es nicht besser aus, enorme Umsatzeinbrüche überall.
Katastrophal.
Ich weiß nicht, ob wir uns auf unseren Juli-Urlaub noch freuen sollen, zumal die Warnemünder Woche darin liegt. Da ist eh schon Chaos. Und ein Parkplatz gehört auch nicht zu unserer Wohnung, und nun noch das.