Baustellenfrust in Warnemünde: Zwischen Stillstand, Stau und Sorgen um die Saison


17. Juni 2025

Anwohner, Gewerbetreibende und Gäste sind sich selten so einig: Der Frust über die zahlreichen Baustellen im Ostseebad wächst – ebenso wie die Sorge um eine ohnehin herausfordernde Sommersaison. Ganze Straßenzüge sind aufgerissen, Umleitungen verwirren selbst Ortskundige, und die S-Bahn fährt mitten in der Hauptsaison nur noch alle 30 Minuten. Warnemünde ist derzeit gefühlt eine einzige Dauerbaustelle – mit deutlichen Folgen für das lokale Geschäftsleben.

„Die Stimmung ist schlecht – das hören wir immer wieder von unseren Gästen“, berichtet Henry Gidom, Inhaber der Brauerei Hoppen & Molt in der Alexandrinenstraße. Besonders ärgert ihn die mangelnde Kommunikation seitens der Maßnahmenträger: „Der Baustellenatlas der Stadt Rostock ist nicht aktuell, und es ist kaum nachvollziehbar, warum in der Gewettstraße zwei Monate lang nichts passiert, nachdem alles aufgerissen wurde.“ Trotz stabiler Umsätze macht sich Gidom Sorgen. „Unsere Stammgäste überlegen sich sehr genau, ob sie sich das aktuell antun wollen.“

Ein deutliches Minus muss hingegen Nadine Squarra vom Ladencafé „Warnefornien“ verkraften. 23 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr sprechen eine klare Sprache. Auch sie beobachtet einen Rückgang der Gäste – sowohl bei Touristen als auch bei Einheimischen. „Viele finden uns einfach nicht mehr. Die Verkehrsführung ist ein einziges Wirrwarr“, sagt sie. Besonders kritisch sieht sie, dass die lokalen Unternehmer bei der Planung außen vor gelassen wurden: „Mit mehr Information im Vorfeld hätten wir anders reagieren können – mit weniger Ware, weniger Personal oder einer Verschiebung des Urlaubs.“

Mehrere Baustellen, ein Problem

Besonders dramatisch zeigt sich die Situation in der Mühlenstraße, wo Jan Krugmann gemeinsam mit Michael Brügmann vier Restaurants betreibt. „Die Gäste kommen nur noch bei richtig gutem Wetter. Das ist ein klares Zeichen“, so Krugmann. „Wenn man dann noch hört, dass auch die Heinrich-Heine-Straße und die Rostocker Straße blockiert sind, fragt man sich: Wer koordiniert das eigentlich?“ Hinzu kommt die reduzierte Taktung der S-Bahn – für viele Urlauber ein weiterer Grund, Alternativen zum Ostseebad zu suchen. Der Umsatzrückgang: rund 20 Prozent.

Auch im Einzelhandel schlägt sich die Lage nieder. Martin Ernst, Geschäftsführer des Janmare Brillenkontors Am Strom, spricht von chaotischen Zuständen, selbst wenn die Umsätze bei ihm noch stabil sind. „Viele unserer Kunden wissen nicht, wie sie uns erreichen sollen. Vor allem Rostocker, die eigentlich schnell mal nach Warnemünde fahren würden, drehen inzwischen wieder um.“ Besonders problematisch sei die Umleitung über die Straße „Zum Zollamt“, die bei gutem Wetter regelmäßig an ihre Belastungsgrenze gerät. Ernst bringt es auf den Punkt: „Es muss gemacht werden – aber bitte nicht alles gleichzeitig!“

Information ja – Koordination nein?

Zur Ehrenrettung der für den Fernwärmeausbau verantwortlichen Rostocker Stadtwerke und des Tiefbauamts sei jedoch angemerkt: Die Baumaßnahmen wurden im Vorfeld angekündigt – etwa im Rahmen einer Ortsbeiratssitzung im vergangenen Herbst (DWM berichtete). Auch eine Informationsveranstaltung für Anwohner hat stattgefunden. Doch der Eindruck vor Ort ist ein anderer: Es fehlt weniger an Information als an klarer Struktur und vor allem an einer praktikablen Koordination der Maßnahmen.

Mit dem baldigen Start der Sommerferien, Ende Juni in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steht Warnemünde nun vor einer kritischen Phase. Viele Unternehmer blicken mit Sorge auf die kommenden Wochen. Der touristische Sommer 2025 beginnt – aber Warnemünde wirkt noch nicht bereit dafür.

Das sind die aktuelle Baustellen in Warnemünde

  • Heinrich-Heine-Straße: Fernwärmeausbau, Vollsperrung bis 30. August 2025 wegen Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße und des Gehwegs
  • Heinrich-Heine-Straße: Fernwärmeausbau, Vollsperrung von Höhe Wachtlerstraße, bis Höhe Mittelweg wegen Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße bis voraussichtlich 09. August 2025
  • Fritz-Reuter-Straße: Fernwärmeausbau auf Höhe John-Brinckman-Straße, Vollsperrung wegen Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße und des Gehwegs, Sperrung des Fußgängerverkehrs im Gehwegbereich bis voraussichtlich 20. Juni 2025
  • Mühlenstraße: Fernwärmeausbau, halbseitige Sperrung wegen Sicherungsmaßnahmen der Straße und des Gehwegs bis voraussichtlich 1. Juli 2025
  • John-Brinckman-Straße (Hausnummer 11a bis 17a): Fernwärmeausbau, halbseitige Sperrung wegen Sicherungsmaßnahmen der Straße und des Gehwegs bis voraussichtlich 1. Juli 2025
  • Schillerstraße Nr. 14: Gebäudesanierung bis voraussichtlich 30. August 2025
  • Rostocker Straße: Straßenausbau (Neubau Radweg), von Höhe Richard-Wagner-Straße bis Höhe Johann-Sebastian-Bach-Straße, halbseitige Sperrung wegen Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße, voraussichtlich bis 25. Juli 2025
  • Rostocker Straße: Wasserleitung und Fernwärmeausbau von Höhe Alte Bahnhofstraße bis Fritz-Reuter-Straße, halbseitige Sperrung wegen Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße und des Gehwegs, Sperrung Fußgänger- und Fahrradverkehrs bis voraussichtlich 31. Dezember 2025
  • Schwarzer Weg: Neubau eines Mehrfamilienhauses von Hausnummer 7 bis 9, Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße und des Gehwegs bis voraussichtlich 31. Oktober 2025
  • Friedrich-Barnewitz-Straße: Verlegung von Elektroleitungen, Sicherungsmaßnahmen entlang der Straße und des Gehwegs voraussichtlich bis 27. Juni 2025




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Birger Voigt - 18.06.2025 um 02:15 Uhr
Fernwärme in Warnemünde ist wenig sinnvoll da moderne Gasthermen sogar bis zu 10% effizienter in Ein- und Mehrfamilienhäusern arbeiten. Warum sollen gut funktionierende, bestehende Heizungsanlagen mit einem wahnwitzigen Aufwand überhaupt getauscht werden? Niemand friert in Warnemünde und die gegenwärtigen sowie zukünftigen Arbeiten sind nicht nur ärgerlich für alle Anwohner, Gäste und Unternehmer sondern vollkommen überflüssig, weil das Heizen im Anschluss nur für wenige Häuser effizienter und kostengünstiger wird. Ideologscher Irrsinn. Wer hat sowas beschlossen, wer verdient daran?
Bert - 17.06.2025 um 19:38 Uhr
Der Umsatzrückgang ist aber nicht den Baustellen geschuldet, sondern der allgemeinen Inflation. 2024 war der Höhepunkt aller Buchungen und Übernachtungen, und dieses Jahr kam der Absturz Grund ist wohl eher die Inflation. Das Geld wird eben knapp.
Grüße vom Darß,, denn hier sieht es nicht besser aus, enorme Umsatzeinbrüche überall.
Dietmar - 17.06.2025 um 12:09 Uhr
Katastrophal.
Ich weiß nicht, ob wir uns auf unseren Juli-Urlaub noch freuen sollen, zumal die Warnemünder Woche darin liegt. Da ist eh schon Chaos. Und ein Parkplatz gehört auch nicht zu unserer Wohnung, und nun noch das.
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