Ein Ort zum Gedenken fehlt – und das zeigt sich täglich an der Westmole.
Es ist ein stiller Ruf nach einem Platz der Erinnerung, der in Warnemünde immer lauter wird. Wo das Meer beginnt, endet für viele Angehörige ein Lebensweg – und hinterlässt den Wunsch nach einem Ort der Trauerbewältigung. Doch genau dieser fehlt bislang für all jene, deren Angehörige auf See bestattet wurden.
Immer häufiger wird daher die touristisch stark frequentierte Westmole zum inoffiziellen Trauerplatz. Beschriftete Steine, Grablichter, Metallplaketten mit Namen und Daten kleben an den rauen Steinpackungen. Ein bewegendes Bild – und zugleich ein Problem.
„Die Mole ist nicht als Friedhof gedacht“, sagt Axel Tolksdorff, Ortsbeiratsvorsitzender für Warnemünde und Diedrichshagen. „Und dennoch ist es ganz offensichtlich: Die Menschen brauchen einen Ort für ihre Trauer.“
Die Lage ist angespannt. Immer wieder müssen Mitarbeitende der Stadt die Mole beräumen, persönliche Gedenkzeichen entfernen, Steine übermalen. Was für Trauernde ein letzter Liebesdienst ist, wird für die Verwaltung zur Gratwanderung zwischen Pietät und Ordnung. Konflikte bleiben nicht aus.
„Es kam vor, dass sich Trauernde gestört fühlten, wenn Passanten lachten – und verärgert reagierten. Das zeigt, wie dringend wir handeln müssen“, berichtet Tolksdorff.
Doch wo kann ein solcher Ort entstehen, wenn das Meer Teil des Abschieds ist? „Die Menschen wünschen sich einen Platz mit Blick auf die See. Das macht die Suche schwierig“, erklärt Tolksdorff. Im Westen grenzt das Landschaftsschutzgebiet an, im Osten wird es eng – dort steht bereits die Esperanza-Skulptur. Eine würdevolle Entsorgung von Gedenkgegenständen stellt hier ein zusätzliches Problem dar.
Nun nimmt das Anliegen endlich Fahrt auf. Gemeinsam mit Mathias Ehlers, Vorsitzender des Umweltausschusses, und Renate Behrmann, Leiterin des städtischen Grünamts, wurde eine mögliche Lösung angedacht: der Stephan-Jantzen-Park. Dort erinnern bereits maritime Denkmäler an das Leben mit und auf dem Meer – unter anderem das Mahnmal Für die auf See Gebliebenen.
„Wir könnten in unmittelbarer Nähe ein weiteres Denkzeichen errichten – Für die auf See Bestatteten, vielleicht als eingefriedeten Feldstein“, so Tolksdorff. „Das wäre ein würdiger, ruhiger Ort mit Meeresnähe, der den Bedürfnissen vieler gerecht würde. Und die Verbringung von Altblumen, Kränzen etc. wäre dort ebenfalls leichter zu bewerkstelligen.“
Anfang Mai soll es eine Begehung mit dem Grünamt geben. Die Vorbereitungen laufen vielversprechend, doch angesichts knapper Kassen hofft die Stadt auch auf Initiative aus dem Ort.
Parallel dazu soll die Westmole künftig klarer beschildert werden – mit Hinweisen auf den neu geschaffenen Trauerort für Seebestattete. Denn der Spagat zwischen öffentlichem Raum und persönlicher Trauer braucht klare Grenzen – und zugleich offene Herzen.
„Wer einen geliebten Menschen dem Meer übergibt, verliert ihn nicht – sondern sucht ihn in den Wellen, im Wind, im Licht. Aber ohne einen festen Ort bleibt dieser Abschied oft unfertig“, sagt Tolksdorff.
Nun soll Warnemünde endlich einen solchen Ort bekommen. Einen Platz, an dem Trauer sein darf. Ganz still. Ganz nah am Meer.
„Es bleibt den Menschen selbstverständlich unbenommen, an einem Ort ihrer Wahl an der See zu trauern und ihrer Angehörigen zu gedenken – ohne etwas abzulegen. Für all das soll künftig der neu zu schaffende Trauerort dienen.“
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Ein wunderschöner Platz wäre ggüber auf der Ostmole.
Man könnte dort eine Plattform aufschütten, von der Mole aus seeseitig, kurz vorm Yachthafen Hohe Düne und zB mit ein Plakette als "Stillen Ort" kennzeichnen.
Der angedachte Platz im Park wird nicht funktionieren, weil ohne Meerblick und das ist es, was die Trauernden ja suchen.