Warnemünder Camisol-Jäckchen aufwendig restauriert


21. August 2015

Die Freude im Heimatmuseum ist groß: Dank der finanziellen Unterstützung durch die Ostseesparkasse Warnemünde, den Leuchtturmverein und den gebürtigen Warnemünder und heutigen Wahl-Hamburger, Adolf Sahlmann, wurde die professionelle Restaurierung eines etwa 120 Jahre alten Warnemünder Jäckchens ermöglicht. Die Textilrestauratorin Susanne Buch aus Diedrichshagen hat das völlig zerschlissene Camisoljäckchen in vier Wochen liebevoller Kleinstarbeit wiederhergestellt.

Die im 19. Jahrhundert sehr modische Jacke stammte aus dem Besitz von Fräulein Bräutigam, die in Warnemünde beheimatet war. Henny Agnes Katharina Bräutigam, geb. 1897 in Warnemünde, führte in zweiter Generation als Meisterin eine Sattlerei in der Friedrich-Franz-Straße 13. In diesem Haus wohnte in den 1980er Jahren auch Familie Weule, die Henny Bräutigam bis zu deren Tod im Jahr 1985 betreute. „Sie hinterließ einen Schrank, einen großen Schatz mit hochinteressanten Textilien und unter anderem auch dieser Jacke“, erzählt die Museumsdirektorin Dr. Kathrin Möller. Familie Weule ist es zu verdanken, dass dieser Nachlass an das Warnemünder Heimatmuseum übergeben wurde.

Die Jacke war stark verschmutzt, stellenweise verfärbt und die Motten hatten ganze Arbeit geleistet. Im Laufe der Zeit wurden zudem verschiedenste Abnäher eingearbeitet, einzelne Teile aufgetrennt oder einfach herausgeschnitten. Auch mehrere Knöpfe fehlten.

Die Restaurierung durch Susanne Buch erfolgte in akribischer Handarbeit und geht weit über das herkömmliche Schneiderhandwerk hinaus: Zunächst wurde das gute Stück oberflächlich mit einem Museumssauger gereinigt, anschließend entfernte ein Petroletherbad aus dem Gewebe auch die tiefer liegende Staubpartikel. Ausgerüstet mit Lupenlampe und Rundnadel aus der Augenchirurgie wurden Seitennähte geöffnet, neue Teile aus einem Wolle-Seide-Gemisch positioniert und wieder geschlossen. Auch alle Fraßstellen sind restauriert und die fehlenden Knöpfe ergänzt. Am Ende ist es der Restauratorin gelungen, der vor langer Zeit verschnittenen Jacke wieder ein einheitliches ästhetisches Erscheinungsbild zu verleihen. Auch eine Dokumentation mit Zustandsfotos wurde angelegt. „Mein Anspruch ist, dass auch die Nachwelt in 100 Jahren bei Bedarf alles erneuern kann“, sagt die Textildesignerin und Restauratorin.

Und natürlich hat alles seinen Preis: Stolze 2.200 Euro musste das Heimatmuseum für die Erneuerung des XXS-Jäckchens berappen. Das Geld kam schließlich durch großzügige Spenden zusammen. Der Leuchtturmverein ist eigentlich immer dabei, wenn es um den Erhalt von Kulturgütern geht und hat sofort seine Unterstützung zugesagt. Auch für die Leiterin der Ospa-Filiale in Warnemünde, Dorita Ressel, war es selbstverständlich zu helfen: „Die Zusammenarbeit mit dem Heimatmuseum ist in den letzten Jahren sehr aktiv geworden und die Jacke hat mir persönlich sehr gefallen.“ Der gelernte Boots- und Schiffbauer Adolf Sahlmann fühlt sich seinem Geburtsort nach wie vor sehr verbunden: „Ich rufe regelmäßig bei meiner hier lebenden Schwester an und die erzählt mir, was es Neues gibt. So habe ich von dem finanziellen Engpass beim Heimatmuseum erfahren“, begründet der 84jährige sein Engagement.

„Beim Sondieren haben wir noch sieben weitere festliche Warnemünder Jäckchen in verschiedenen Farben, mit und ohne Verzierungen, gefunden. Auf den ersten Blick gleichen sie Lumpensäckchen und der Finanzierungsbedarf, alles wieder herzustellen, ist groß“, wirbt die Museumschefin um Unterstützung.

Ab sofort ist die Camisoljacke für etwa einen Monat in der Warnemünder Ospa-Filiale ausgestellt – hinter Glas versteht sich. Gleich daneben steht ein Sparschwein und alle Kunden sind herzlich eingeladen, dieses auch zu füllen. Das Geld geht zweckgebunden an das Heimatmuseum.  


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