Warnemünde verabschiedet den Seenotkreuzer „Vormann Jantzen“


01. Oktober 2021

Zum letzten Mal wird der Seenotrettungskreuzer Vormann Jantzen am Sonntag, 3. Oktober gegen 14 Uhr, von Warnemünde aus in See stechen. Im November 1990, gleich nach der politischen Wende, wurde die 23,3-Meter-Rettungseinheit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) für Warnemünde in Dienst gestellt. „Das war ein wirklich revolutionärer Schritt und hat damals für viel Aufsehen gesorgt. Der Neubau war nämlich eigentlich für Grömitz bestimmt, doch mal wollte ein politisches Zeichen setzten und nicht – wie seinerzeit üblich – das ‚Alte und Ausgediente‘ in den Osten schaffen“, weiß Wolfgang Rätzer, Seenotretter seit 1975, damals noch im Dienst des Seenotrettungsdienstes der DDR. Für ihn und seine Kollegen aus Warnemünde war das großzügige „Geschenk“ bei ihrem Antrittsbesuch in Bremen eine riesige Überraschung. Bislang waren sie mit der Stoltera auf der Ostsee unterwegs. 1975 in Polen gebaut, „zwar immer zuverlässig, aber doch etwas langsam“. Mit so einem hochmodernen und vor allem schnellen Schiff hatten sie nicht gerechnet. „Nach einer der ersten Fahrten bin ich einmal im Traum über die Wellen geflogen“ erinnert sich Rätzer. Sein neues Schiff war zweieinhalb Mal so schnell wie der DDR-Vorgänger und verfügte zudem noch über das Tochterboot Butscher, eine Feuerlöschanlage und ein Bordhospital.

Am 2. November 1990 passierte die Vormann Jantzen erstmals die Warnemünder Molenköpfe. Diesen Moment wird Wolfgang Rätzer bis an sein Lebensende nicht vergessen. Der heute 81-Jährige übernahm das Schiff als 1. Vormann und hatte schon vor der offiziellen Namensgebung am 27. November – Taufpatin war seine damals 16-jährige Tochter Anja – den ersten Einsatz: „Ein russischer Frachter hatte ein erkranktes Besatzungsmitglied an Bord. Wir haben sie sicher an Land bringen und an den Rettungsdienst übergeben können“, so Wolfgang Rätzer. Dann ging es Schlag auf Schlag, denn alle wollten plötzlich ihre neue Freiheit genießen und viele taten das mit Booten oder Surfbrettern auf dem Wasser. „Wir hatten zu tun!“

Was die Wichtigkeit der Einsätze betrifft, möchte der Vormann a.D. keine Wertung vornehmen, schließlich seien fast alle schlimm gewesen. An einen ganz besonderen erinnert sich der Warnemünder aber doch noch: Los ging es mit dem Anruf von der Leitstelle Bremen: „Wasser im Schiff“. Eine Familie mit zwei Kindern an Bord eines Motorbootes war in Seenot geraten. „Es war dunkel, wir standen aber glücklicherweise in Kontakt. Wir kündigten an, unter Höchstgeschwindigkeit und mit leuchtenden Deckstrahlern zur Hilfe zu kommen. Das gab der Familie Sicherheit und wir konnten alle gesund an Bord nehmen.“

1997 wurde die Vormann Jantzen durch die Theo Fischer in Warnemünde abgelöst und nach Darßer Ort verlegt. Als Springer wurde sie seit 2003 immer dort eingesetzt, wo andere Rettungseinheiten vertreten werden mussten, zum Beispiel während einer Werftzeit. So war sie im vergangenen Jahr noch einmal mehrere Wochen in Warnemünde stationiert. Seit 2003 ist Uwe Radloff 1. Vormann an Bord. Der 59-Jährige hat das Schiff jetzt auch nach Rostock gefahren und kümmert sich gemeinsam mit weiteren Besatzungsmitgliedern um die Beräumung. „Dabei werden nochmal viele Erinnerungen geweckt“, bekennt Radloff. Seine große Hoffnung ist, dass das Schiff in gute Hände kommt, denn nach 31 Dienstjahren wird es jetzt verkauft. Neuer Springer der DGzRS wird die Theo Fischer.

„Die Verkaufsverhandlungen laufen und es gibt bereits mehrere Interessenten“, verrät der Leiter des Seenotretter-Infozentrums in Warnemünde, Jörg Westphal. Am Sonntag zur offiziellen Verabschiedung der Vormann Jantzen am Neuen Strom tritt ab 13 Uhr der Musiker Ola Van Sander auf. Schon gegen 12 Uhr wird der „Seenotkreuzer der Zeitenwende“ an Ort und Stelle erwartet.


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