„Erst am letzten Wochenende feierten wir Erntedank und mit Dankbarkeit blicken wir auch auf 150 Jahre Kirchengeschichte zurück“, sagt Harry Moritz, Pastor der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in Warnemünde im Hinblick auf das große Kirchenjubiläum. Seit 2004 ist er der Prediger im Gotteshaus auf dem Kirchenplatz, genaugenommen der dreizehnte seit der Kirchweihe am 1. Oktober 1871. Gebührend wird der 150. Jahrestag in Warnemünde vom 10. bis 17. Oktober mit einer Festwoche gefeiert.
Als die neugotische Warnemünder Kirche nach fünfjähriger Bauzeit 1871 geweiht wurde, zog die Gemeinde in einer Prozession mit Superintendent, Großherzog und anderen geladenen Gästen ‚im Gepäck‘ von der Vogtei zum neu errichteten Bauwerk. So soll es auch am Sonntag sein, kündigt der Pastor an: „Am 10. Oktober um 9.30 Uhr startet der Umzug von der Alten Vogtei zur Kirche, nur haben wir statt des Großherzogs, Bischof Tilman Jeremias dabei.“ Beim anschließenden gemeinsamen Festgottesdienst sind Pandemie-bedingt 130 Gäste erlaubt. Werden es mehr, soll auch der Kirchenplatz beschallt werden.
Der Sonntag geht weiter mit Kirchenführungen und Turmbesteigungen. Ab 17 Uhr steht der „Konzertabend Orgel Plus“ auf dem Programm. Weil 2021 in Deutschland das Jahr der Orgel sei, möchte man darauf mit vier 30-minütigen, sehr speziellen Orgelkonzerten eingehen, verrät Kantor Sven Werner. Protagonisten an diesem Abend sind neben Christiane Werbs, Jörg Redding, Christian Packmohr, Francisco M. Anguas Rodríguez und Sven Werner auch zwei Tänzer des Volkstheaters Rostock. Mittendrin ist eine größere Pause geplant, die Guido Eicher von Guido's Coffeebar nebenan mit ein paar Kleinigkeiten zum Essen und Trinken aufwertet.
Am Montag wird das Familienkonzert „Karneval der Tiere“ gespielt, am Dienstag erzählen ehemalige Kantoren und Pastoren aus ihrer Dienstzeit, am Mittwoch wird der neu erschienene „Warnemünder Kirchenführer“ vorgestellt, am Donnerstag historische Bilder und Geschichten präsentiert und am Freitag ist Weltgebetstag. Am Sonnabend, 16. Oktober um 16 Uhr, steht mit „Lobgesang und Zuversicht“ ein weiteres Festkonzert auf der Agenda, bevor die Feierlichkeiten am Sonntag mit einem Gemeindefest auf dem Kirchenplatz enden. „Das Schönste an dieser Woche ist, dass jeder Tag so ganz speziell ist und wegen Corona steht die ganze Woche noch einmal in einem ganz besonderen Licht“, befindet Kantor Werner. Konzertkarten für den 10. bzw. 16. Oktober sind in der Buchhandlung Krakow Nachf. am Kirchenplatz für 10 bzw. 15 Euro im Vorverkauf zu haben.
Der Warnemünder Kirchengemeinde ganz besonders verbunden fühlt sich der Maler, Grafiker und Christ Matthias Klemm aus Leipzig. Vor 50 Jahren erhielt er vom hiesigen Kirchengemeinderat den Auftrag, ein Signet zu entwickeln. „Gleich beim ersten Entwurf wurden wir uns einig. Zu sehen sind die Sonne und Wellen, aber auch die Dreieinigkeit in Form von drei Strichen und ein Fisch als Symbol für die christliche Gemeinde“, erläutert der 80-Jährige. Das Logo hat bis heute Bestand. Seine Frau und er sind ganz verliebt in Warnemünde und daher froh, im Rahmen der Festwoche anreisen und die Ausstellung „Zeichen der Hoffnung“ präsentieren zu dürfen. Noch den ganzen Oktober sind die Arbeiten von Matthias Klemm in der Warnemünder Kirche zu sehen.
Ebenfalls anlässlich des Jubiläums hat die Warnemünder Kirche in vier moderne, handgewebte Antependien – dabei handelt es sich um Behänge für Kanzel und Altar – investiert. Hergestellt in der Paramenten- und Textilwerkstatt des Stifts Bethlehem Ludwigslust, sollen sie am Freitag noch vor den Feierlichkeiten angeliefert udn aufgehängt werden. „Sie passen in die Zeit, bringen moderne Farbtupfer in unsere Kirche und machen den Raum lebendig“, so Moritz. Schließlich sei man kein Museum und schon Martin Luther habe gepredigt, dass man sich immer wieder aufs Neue reformieren müsse.
Die uns heute bekannte Kirche ist die vierte in Warnemünde. Um das Jahr 1200 beschlossen die ersten Warnemünder, dass eine Kirche in ihr Dorf gehöre. Gleich zweimal wurde das Gebäude in den Kriegswirren des 14. und 15. Jahrhunderts zerstört. Sogleich machte man sich an den Wiederaufbau. Die dritte Kirche diente der Gemeinde vier Jahrhunderte lang. Sie fand ein friedliches Ende und wurde durch den heutigen Neubau ersetzt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hatte sich das kleine Fischerdorf nämlich zu einem Seebad gemausert. Die Einwohnerzahl stieg und auch Sommergäste wollten sonntags den Gottesdienst besuchen. Die Gemeinde war aus ihrer Kirche herausgewachsen.
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