Vor 25 Jahren: Schiffstaufe läutete bei Warnemünder Seenotrettern die Zeitenwende ein


26. November 2015

Vergeblich waren alle Bemühungen der 1865 gegründeten Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, DGzRS, nach 1945 Kontakt zu ihren Kollegen östlich von Travemünde zu halten. Und dabei hatten doch auch die Seenotretter des staatlichen Seenotrettungsdienstes der DDR nur ein Ziel, nämlich Menschenleben zu retten. Das verband sie mit ihren Kollegen im Westen. Im Einsatz auf See waren sie genauso auf sich gestellt und mussten eigenverantwortlich die richtigen Entscheidungen treffen – ein Stückchen Freiheit in einem sonst wenig freien Land.

Im Wiedervereinigungsjahr 1990, 125 Jahre nach ihrer Gründung, übernahm die DGzRS wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern. Größter Gewinn waren die hochmotivierten Besatzungen mit ihrer Erfahrung, Revierkenntnis und der Einstellung zu ihrer Aufgabe, die sich kein bisschen von der ihrer Kollegen im Westen unterschied. Nach wie vor gibt es unter ihnen Familien, die seit vielen Generationen Seenotretter stellen.

Und doch standen die wiedervereinigten Seenotrettern sogleich vor großen Herausforderungen: Die veraltete Technik aus DDR-Zeiten war der neuen Zeit mit dem zunehmenden Seeverkehr nicht gewachsen. Für Vormann Wolfgang Rätzer war deshalb die Taufe seines Seenotrettungskreuzers Vormann Jantzen am 27. November 1990 eine Zeitenwende. „Mit so einem schnellen Schiff war ich noch nie zuvor unterwegs gewesen. Nach einer der ersten Fahrten bin ich einmal im Traum über die Wellen geflogen“, erinnert er sich. Sein neues Schiff war doppelt so schnell wie der DDR-Vorgänger und verfügte über Tochterboot, Feuerlöschanlage und Bordhospital.

Mit der Vormann Jantzen setzten die Seenotretter vor 25 Jahren ein deutliches Zeichen: Die Stationierung des eigentlich für Grömitz vorgesehenen Kreuzers in Warnemünde unterstrich auch, dass dort mitnichten „alte Schuhe aus dem Westen aufgetragen“ werden sollten. Und bewusst erhielt der Neubau den Namen des legendären Warnemünder Lotsenkommandeurs. Stephan Jantzen hatte von 1867 bis 1903 mit seiner Freiwilligen-Mannschaft rund 80 Menschen das Leben gerettet. „Die Namengebung war nach dem Geschmack unserer Besatzung und der Menschen in der Region“, sagt Rätzer.

Dank der Unterstützung zahlreicher Förderer im ganzen Land gelang es der DGzRS in nur vier Jahren, die DDR-Technik vollständig zu ersetzen. Heute sind rund 40 der 180 fest angestellten und rund 250 der 800 freiwilligen deutschen Seenotretter in Mecklenburg-Vorpommern im Einsatz. Vier hochmoderne ständig besetzte Seenotrettungskreuzer und 14 von Freiwilligen gefahrene Seenotrettungsboote sind zwischen Trave- und Odermündung stationiert.

Die Vormann Jantzen glänzt 25 Jahre nach ihrer Indienststellung beinahe wieder wie am ersten Tag. In den vergangenen Monaten wurde sie in der hauseigenen Werft der Seenotretter in Bremen generalüberholt und für die nächsten harten Einsätze fit gemacht. Seit wenigen Tagen hat sie wieder Wasser unter dem Kiel. Heute vertritt sie als Springer wechselnde andere Einheiten bei Werftzeiten. „Nach wie vor ist das Schiff gerade in Mecklenburg-Vorpommern sehr bekannt. Seine Geschichte wird nicht vergessen werden“, ist Wolfgang Rätzer überzeugt.

Foto: DGzRS


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