Überdüngung der Ostsee stoppen: Es besteht Handlungsbedarf


04. August 2020

Stellen wir uns die Ostsee als einen großen Topf Suppe vor, an der viele Köche mitgewirkt haben. Die Suppe ist verwürzt, aber welcher Koch ist dafür verantwortlich? Ist das Gewürz erst einmal im Topf, vermischt es sich mit allen Zutaten, so dass nicht mehr erkennbar ist, wer der Übeltäter war. Vor diesem Problem stehen auch die Meereschemiker des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), wenn sie herausfinden wollen, ob die Maßnahmen zum Rückgang von Nährstoffeinleitungen in der offenen Ostsee auch greifen und nachweisbar sind.

Insgesamt 40.000 Tonnen weniger Stickstoff und 1.000 Tonnen weniger Phosphor wurden von 1995 bis 2014 von den Anrainerstaaten in die westliche Ostsee eingeleitet. Die gemessenen Konzentrationen zeigen jedoch keine Verbesserung. Wie lässt sich das erklären?

Ein Team um den Warnemünder Meereschemiker Joachim Kuss wertete zur Beantwortung dieser Frage eine große Datenmenge aus. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass die Nährstoffkonzentrationen mit zunehmender Entfernung von der Mündung und zunehmendem Salzgehalt abnahmen. Die Wissenschaftler konnten auch herausarbeiten, dass die Veränderungen des Verhältnisses von Nährstoff-Konzentration zum Salzgehalt auf der Strecke zwischen Küste und offener Ostsee nicht immer gleichblieben, sondern sich im Untersuchungszeitraum änderten. Eine Reduktion der Nährstoffe war zu erkennen. Die angewandte Methodik enthüllte, dass Stickstoff in bedeutender Weise an Flusswassereinträge geknüpft ist, wogegen Phosphor auch aus anderen, Ostsee-internen, Quellen stammt.

Um die zugrunde gelegte Datenbasis zu verbessern, wurde sie um Messergebnisse der zuständigen Landesämter Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins erweitert. Anhand dieses vergrößerten Datenpools ließen sich für die Übergangsregion zwischen Süß- und Salzwasser vielfältige Prozesse, die auf die Nährstoffe einwirken, herausarbeiten: Organismen nutzen die günstige Nährstoffsituation und bilden Blüten aus. Dadurch werden dem Wasser Nährstoffe entzogen. Die absterbende Blüte sinkt zum Meeresboden, wo sie von Mikroorganismen zersetzt wird. Diese leisten jedoch einen zwiespältigen Beitrag zur Nähstoffreduktion: Bei der Zersetzung der organischen Substanz wird Sauerstoff verbraucht. Wird das flache Wasser des Übergangsbereiches durch Wind und Wellen gut durchmischt, ist das unkritisch. In ruhigen Wetterlagen können sich am Boden jedoch „tote Zonen“ bilden. Dann werden Phosphor-Verbindungen, die unter guten Sauerstoffbedingungen im Sediment eingelagert werden, gelöst und erhöhen den Phosphoranteil im Wasser.

„Gegenwärtig werden die Sauerstoffmangelsituationen in den Küstengewässern häufiger“, erläutert Joachim Kuss. „Dadurch erscheint die Phosphatbelastung der westlichen Ostsee zurzeit als das primäre Problem. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch die eingetragenen Stickstoffverbindungen sind, die letztlich zu Sauerstoffmangel und zur Reaktivierung alter Phosphorablagerungen am Meeresboden führen. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf, um beide Nährstoffe zu reduzieren.“

Foto: Holger Martens


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