Totentanz in Warnemünde


27. November 2020

Eiskalt erwischt hat die zweite Corona-Welle die kleinen inhabergeführten Lädchen in Warnemünde. Richtete man sich angesichts gut gebuchter Ferienunterkünfte auf viele kauffreudige Kunden ein, wurden mit dem November-Shutdown, der jetzt nahtlos in den Dezember-Shutdown übergeht, alle Hoffnungen zerstört. So, wie Supermärkte, Baumärkte und die Geschäfte in den Großstädten, dürfen sie zwar öffnen, doch außer Kosten bringt es ihnen meist nichts, denn unter der Woche verirrt sich kaum jemand ins Ostseebad. Einige Ladeninhaber sind bereits auf Schadensbegrenzung aus und halten ihre Türen deshalb ganz und gar geschlossen. 

An den Sonntagen aber, wenn die Rostocker und Gäste aus der Region am Alten Strom, auf der Promenade und am Strand entlangflanieren, stehen potenzielle Kunden vor verschlossenen Türen. Eine Corona-bedingte Sonntags-Sonderöffnung in der Vorweihnachtszeit, bei der einzig der Inhaber hinter dem Verkaufstresen steht, könnte die Rettung sein: „Für uns als Unternehmer im Ort herrscht momentan Totentanz. Unter der Woche hört man auf den Straßen das Echo der eigenen Schuhe und an den Wochenenden ergibt sich für uns die einzige Möglichkeit, Umsätze zu generieren. Weil Touristen und Tagesgäste fehlen, sind die Sonntagsspaziergänger für uns umso wichtiger“, unterstreicht Matthias Ludwig, der mit den Stores L8 und Sebago in Warnemünde gleich doppelt betroffen ist. Seiner Meinung nach sollte sowieso jeder Inhaber selber entscheiden, wann er öffnet und wann nicht: „Amazon hat schließlich auch ganzjährig 24 Stunden lang geöffnet.“ Rückendeckung für eine solche Sonderregelung bekommt er vom Handelsverband Nord und auch von der Industrie- und Handelskammer Rostock (IHK). Beide haben auf Landesebene ausdrücklich für Corona-bedingte Sonntagsöffnungen geworben. 

Für die Landesregierung in Schwerin und Verdi ist das allerdings keine Option: „Entsprechende Ausnahmen sind leider nicht möglich“, unterstreicht das Wirtschaftsministerium Mecklenburg‑Vorpommern in einem Rundschreiben an die kommunalen Gewerbeämter unter Hinweis auf Paragraph 6 Ladenöffnungsgesetz MV (LöffG M-V) und Berücksichtigung der derzeit gültigen Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern.Darin heißt es vereinfacht, dass eine solche Genehmigung immer eines besonderen Anlasses bedarf, dieser allerdings eine große Anzahl von Besuchern erwarten lässt und genau die sind laut Corona-Landesverordnung verboten. Der für den Handel zuständige Lan­­des­fach­­be­reichs­­lei­ter von Verdi Nord, Matthias Baumgart, unterstützt das und meint, dass eine Sonntagsöffnung zum jetzigen Zeitpunkt wegen der zu erwartenden Konzentration von Menschen das falsche Signal sei und überhaupt: „Ich habe es satt, dass das Thema ‚Sonntagsöffnung‘ immer wieder hochgekocht wird!“

Sollte man Weihnachtsgeschenke also doch lieber online als vor Ort kaufen? Ganz sicher nicht! Natürlich ist das Geschäft für die kleinen Einzelhändler in Tourismusorten nach dem achtwöchigen Frühjahr-Shutdown wieder gut angelaufen, doch der Winter an der Ostseeküste ist lang, die Mieten sind hoch und das Weihnachtsgeschäft schon deshalb immens wichtig. „Uns, die wir unseren Gästen ein spezielles Shopping Erlebnis bieten, wird die Grundlage zum Überleben genommen“, spricht Jens Kunze vom Adenauer & Co Strandhaus das aus, was viele seiner Mitstreiter denken. Scheinheilig ist für ihn, dass ausschließlich steuerfinanzierte Beamte und Gehaltsempfänger über Wohl und Wehe der Unternehmerschaft entscheiden. Eine „Neiddebatte“ möchte er nicht vom Zaun brechen, aber: Warnemünde lebt nun mal von seinen Gästen. Die Händler, Gastronomen, Hoteliers, Pensions- und Ferienwohnungsbetreiber tragen mit ihren Steuern und Abgaben erheblich zum Fortbestand des öffentlichen Lebens bei. Sie wollen, vielleicht sollte man sie auch lassen.  


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