Seekanal-Vertiefung: Es wird ungemütlich!


02. April 2019

Der Rostocker Seehafen ist auf Wachstumskurs. Erreichbar ist die international anerkannte Wirtschaftsdomäne von der Ostsee über eine gut 13 Kilometer lange Einfahrt – den Seekanal. Wegen der relativ geringen Fahrwassertiefe von 14,5 Metern ist die Zufahrt derzeit aber nur eingeschränkt möglich. Im Regelfall können hier Schiffe bis maximal 250 Metern Länge, 39 Metern Breite und 13 Metern Tiefe passieren. Damit man künftig konkurrenzfähig bleibt und auch größere Tanker und Massengutfrachter den Seehafen erreichen können, muss die Fahrrinne angepasst werden. Als neue Bemessungsgröße gilt die so genannte Baltimax-Klasse: Länge 275, Breite 48 und Tiefgang 15 Meter. Das Vorhaben ist eine Aufgabe des Bundes. Über den aktuellen Stand der Planungen informierten in der vergangenen Woche Holger Brydda und Ulrike Scherf vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Stralsund (WSA) in der Yachthafenresidenz Hohe Düne.

Die Kosten für das ehrgeizige Vorhaben werden mit gut 111 Millionen Euro beziffert, wobei das der Preisstand von 2014 war. Insgesamt sollen etwa 5,6 Millionen Kubikmeter Baggergut bewegt werden. Bis zu 85 Prozent des Aushubs wurden als „sehr fester Geschiebemergel am Übergang zum Fels“ klassifiziert und der hat es in sich, denn es ist mit teils erheblichen Erschütterungsimmissionen zu rechnen.

Das Abtragen des Bodenmaterials soll nach Prüfung mehrerer Varianten mit einem Eimerkettenbagger erfolgen. Dieser gilt als besonders effektiv und beweglich, was für den laufenden Schiffsverkehr dienlich ist. Einziger Nachteil: Das Teil ist laut. Mit etwa 117 Dezibel kommt er einem Presslufthammer gleich. Die subjektive Belästigungswahrnehmung beginnt allerdings schon bei 70 Dezibel, erreichbar mit einem Rasenmäher oder Motorrad. Im Randbereich kommt über einen kürzeren Zeitraum zudem noch ein Tieflöffelbagger zum Einsatz. Wochentags zwischen 20.00 Uhr abends und 7.00 Uhr morgens und sonnabends ab 13.00 Uhr sind auf Höhe der Wohnbebauungen deshalb auch keine schallintensiven Bauarbeiten geplant. Außerhalb der Wohnbereiche soll der Bagger auch nachts zum Einsatz kommen. Das WSA geht zudem davon aus, dass der Eimerkettenbagger allein fünf Stunden täglich manövrieren muss, um der Schifffahrt auszuweichen. Die wirklich lärmintensiven Arbeiten beschränken sich damit auf rund acht Stunden pro Tag, wobei sie grundsätzlich auf das Winterhalbjahr beschränkt werden. Wegen der zu erwartenden Schallimmissionen könnte per Gesetz auch verlangt werden, den Bagger nur maximal 2,5 Stunden pro Tag einzusetzen. Das allerdings würde die gesamte Baumaßnahme deutlich in die Länge ziehen.

Schäden an Wohnhäusern und erdverlegten Rohrleitungen sind nach hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Trotzdem sollen im Vorfeld Beweissicherungsgutachten über bestehende Schäden an Gebäuden erstellt werden. Kommt es dann doch zu Beschädigungen, werden diese selbstverständlich reguliert. Auch während der Bauarbeiten erfolgen regelmäßige Messungen von Schall und Erschütterungen. Das WSA richtet sich zudem auf Entschädigungsansprüche, etwa für Ersatzwohnungen, ein. Einer Handlungsempfehlung für Baggerarbeiten zufolge soll ein Ansprechpartner benannt werden, an den sich Betroffene wenden können.

Für ein Vorhaben in dieser Größenordnung ist ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. Um mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf Mensch und Natur ermitteln und einschätzen zu können, wurden im Vorfeld umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. So wurden die Bestände der Fische, Vögel, Biotope u.v.m. durch Gutachter erfasst sowie die Strömungen, Salzgehalte, Temperaturen und Sauerstoffgehalte der Ostsee und Warnow im Bereich der Fahrrinne gemessen. Zudem wurden Wellenhöhen, Wasserströmungen und Immissionen ausgehend von passierenden Schiffen aufgezeichnet. Die Umweltgutachten und technischen Planungen sind jetzt kurz vor der Fertigstellung. Geplant ist, dass das WSA, als Bauherr, im Sommer den Antrag auf Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens stellt. Mit Auslegung beginnt auch die Klagefrist.

Läuft alles nach Plan, könnten die Baggerarbeiten im Jahr 2021 beginnen und nach zweieinhalb Jahren abgeschlossen sein.

Foto: WSA Stralsund


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