Kleingärtner gelten gemeinhin als Pioniere der Nachhaltigkeit – und die kleinen grünen Oasen in den Städten als Orte der Erholung, Gemeinschaft und ökologischen Vielfalt. Zur Rostocker Nachhaltigkeitswoche vom 20. bis 27. September rückt auch die Kleingartenanlage „Uns Fritied II“ in den Fokus. Sie liegt idyllisch zwischen Diedrichshagen, Lichtenhagen und dem Diedrichshäger Moor – und zeigt, wie nachhaltiges Gärtnern im Kleinen wirkt.
Gegründet am 12. April 1978, umfasst die Anlage 56.002 Quadratmeter mit 146 Parzellen. Leerstand? Fehlanzeige. „Alle Gärten sind belegt“, sagt Bernhard Krah, dienstältestes Vorstandsmitglied und Kassierer. Für viele Pächter ist „Uns Fritied II“ längst mehr als ein Stück Land – es ist ein zweites Zuhause und ein Ort, an dem Gemeinschaft großgeschrieben wird. Rund 70 Prozent der Kleingärtner sind Neuzugänge, 30 Prozent „Urgesteine“.
Nachhaltiges Handeln ist hier keine Floskel, sondern gelebte Praxis. Pflanzenschutzmittel? Schon seit Jahren tabu. „Das ist uns wichtig“, betont Vorstandsmitglied Michael Güldner. Stattdessen setzen die Kleingärtner auf Gründüngung: Auf abgeernteten Flächen wachsen Pflanzen, die den Boden lockern, Nährstoffe speichern und vor Erosion schützen.
Auch bei der Entsorgung geht die Anlage eigene Wege. Sie ist eine der wenigen in Rostock mit einem Abwassersystem, das über eine Saugleitung sicherstellt, dass keine Rückstände in die Natur gelangen. Dokumentiert ist genau, wie oft abgepumpt wird – ein Pluspunkt für die Umwelt.
Die Nähe zum Moor macht die Kleingartenanlage auch für Tiere attraktiv. Frösche, Igel und sogar Ringelnattern sind regelmäßige Gäste. Mehrere Bienenvölker tragen zur Bestäubung bei – nicht zur Honigproduktion, sondern allein zur Förderung der Artenvielfalt. Dazu kommen Vogeltränken und Futterstellen, die für zusätzliche Biodiversität sorgen.
„Unsere Anlage ist Teil des städtischen Grüns, Spaziergänger sind uns willkommen“, lädt der stellvertretende Vorsitzende, Dietmar Letzner, ein. Nur Hunde sollten stets an der Leine geführt und Hinterlassenschaften entfernt werden.
Kleingärten haben feste Regeln: Ein Drittel Erholung, ein Drittel Bäume, ein Drittel Obst und Gemüse – das Bundeskleingartengesetz schreibt es vor. Die Einhaltung wird von der Stadt kontrolliert. „Wir sind tolerant, aber es muss erkennbar sein, dass der Garten bewirtschaftet wird“, erklärt Krah. Wer nur selten vorbeischaut, riskiert Abmahnungen.
Trotz klarer Vorgaben ist der Gemeinschaftsgedanke stark. Es gibt gemeinsame Arbeitseinsätze – inklusive anschließender „Wegefeste“. So entstehen Kontakte, und auch Nachbarschaftshilfe wird großgeschrieben. Kleingärtnerin Mila Zarkh, deren Parzelle am Rand zum Moor liegt, schwärmt: „Ich habe mich damals sofort in den Garten verliebt. Und die Kraniche im Herbst sind einfach ein Traum.“ Kürzlich unterstützte sie mit ihrem Gartennachbarn Christian Becker eine alleinerziehende Mutter – ein Beispiel für den sozialen Wert der Anlage.
Offiziell ist „Uns Fritied II“ im Kleingarten-Entwicklungskonzept nur in Erhaltungsstufe 3 mit „geringer Bedeutung“ eingestuft. Für die Gärtner vor Ort ist diese Bewertung kaum nachvollziehbar. Ihre Anlage sei nicht nur beliebt und lebendig, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Stadtklima und zur nachhaltigen Lebensweise in Rostock.
„Wir sehen zu, dass wir unsere Anlage sauber halten, Müllprobleme haben wir keine“, sagt Krah. „Das ist unser Beitrag, damit das Stück Grün auch für kommende Generationen erhalten bleibt.“
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