Ortsbeirat diskutierte Offshore-Testfeld vor Warnemünde


18. Juli 2022

Die Weichen für die Errichtung des Nationalen Testfeldes Offshore-Windenergie vor Warnemünde – das erste seiner Art in der Ostsee – hatten Land und Bund bereits im Jahr 2016 gestellt. Seither ist die Fläche als „Marines Vorranggebiet für Windenergieanlagen zu Testzwecken“ im Landesentwicklungsplan MV ausgewiesen. Zwischenzeitlich hat die Landesregierung alle Zuständigkeiten in dieser Sache an das Bundesamt für Seeschifffahrt u. Hydrographie (BSH) übertragen.

Die Geschäftsführerin der Stiftung Offshore-Windenergie, Karina Würtz, und der zuständige Projektmanager, Jochen Körner, stellten den Stand der Planungen bei der jüngsten Ortsbeiratssitzung Warnemünde/ Diedrichshagen vor. Die Stiftung sei, so Würtz, beratend für Bundes- und Landesbehörden tätig und auch in Gesetzesverfahren eingebunden. „Wir sind uns im Klaren darüber, dass die geografische Lage des Testfeldes kritisch gesehen wird“, sagte Karina Würtz. Es seien mehrere Flächen untersucht worden und die vor Warnemünde erschien am geeignetsten. Vor allem wegen der guten Erreichbarkeit von Land – phantastische Bedingungen für Forschende.

Gute Nachrichten konnte sie in Bezug auf die Größe des etwa zehn Kilometer vor der Küstenlinie befindlichen Testfeldes verkünden: Ursprünglich auf 300 Megawatt Leistung ausgelegt, hatte das für Unmut bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und auch bei Rostock Port gesorgt. Die Flächendiskussion wurde erneut angestoßen und man konnte sich letztlich auf 150 bis 180 Megawatt an gleicher Stelle einigen. Allerdings habe die Netzgesellschaft, 50 Hertz, bereits angekündigt, vor Ende der 2020er Jahre keine Realisierungsmöglichkeit für das Testfeld zu sehen. Die geringe Verfügbarkeit von Windturbinen sei dabei ein entscheidender Faktor. „Wir befinden uns in einem massiven internationalen Wettbewerb. Bis 2030 haben sich fast alle Länder mit signifikanter Küstenlinie Ziele für den Ausbau der Offshore Windenergie gesetzt“, weiß die Stiftungschefin.

Freuen dürfte das vor allem die Segelsportler, denn die sehen ihr Regattagebiet in Gefahr. „Mit den Seglern sind wir im Austausch. Es besteht die Sorge, dass insbesondere die Regattabahn C in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Testfeldfläche liegt jedoch viereinhalb Kilometer entfernt und damit deutlich außerhalb“, erläuterte Würz. Der ehemalige Vorsitzende des Warnemünder Segel-Clubs und langjährige Organisator der Warnemünder Woche, Uwe Jahnke, sieht das anders: Seit 2018 gäbe es Messungen zu Windschleppen, die sich fächerförmig ausbreiten. Der Wind werde in der Folge turbulent. „Das Regattagebiet vor Warnemünde ist international bekannt für seine fairen Bedingungen. Das wird dann vorbei sein. Der eine Segler kriegt die Böe und der andere sitzt im Windloch.“ Der Segelexperte ist überzeugt davon, dass die internationalen Segelverbände da nicht mitspielen: „Mit dem Windpark an dieser Stelle machen wir das Regattagebiet vor Warnemünde tot.“

Diese Einwände will Karina Würtz nicht gelten lassen. Verwirbelungen würde es geben, doch seien die angesprochenen Messungen in 170 Metern Höhe vorgenommen worden und nicht direkt über dem Wasser. Außerdem habe man sich bei den Planungen auf den von Seglern empfohlenen Sicherheitsabstand bezogen und der liege bei dreieinhalb Kilometern. Segelwettbewerbe auf der Bahn C fänden zudem nur an 20 bis 30 Tage pro Jahr statt. Die Wind-Hauptertragszeit sei aber der Winter. Im Sommer stünden die Jahreswartungen an und dann sind die Anlagen meist abgeschaltet.

Getestet werden soll vor Warnemünde die Gewinnung erneuerbarer Energien, gekoppelt an Speichertechnologien aller Art. Darunter sind auch schwimmende Solaranlage, sogenannte Offshore Floating PVs, die zunächst noch exotisch klingen, es in Asien aber längst nicht mehr sind. „Um so etwas zu testen, würde sich die Ostsee anbieten. Damit wären wir hier einzigartig.“

Auch von Wertschöpfung in der Region war die Rede. Die Einbindung der Wirtschaft vor Ort sei ein sehr wichtiger Faktor auch für die Akzeptanz. „Trotz Pandemie konnten wir die Regionale Partnerschaft Testfeld gründen mit kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region, Vertretern der IHK und des Tourismus“, wusste Projektmanager Jochen Körner zu berichten. „Wir hören uns die Sorgen und Wünsche der Teilnehmer an und wollen sicherstellen, dass die lokale Wirtschaft von Anfang an mit bedacht wird.“

So richtig „einfangen“ konnten die beiden Stiftungsvertreter die Warnemünder trotzdem noch nicht. Aus Sicht von Mathias Ehlers, Vorsitzender des Umweltausschusses, sei das Testfeld vor Warnemünde politischer Wille: „Der Tagesordnungspunkt ist wie ein Besuch auf der Palliativstation: Alle wissen was kommt, der Patient ist die Ostseeküste und alle versuchen die Fassung zu bewahren.“

Einen Nachteil auf den Tourismusstandort Warnemünde sieht der Diedrichshäger Hans-Joachim hingegen nicht. Der langjährige Nordex-Mitarbeiter verwies auf das Ostseebad Zingst, „wo bereits zig Anlagen stehen und sich kein Urlauber daran stört.“

Den Vorschlag von Mathias Stagat, Vorsitzender des Strukturausschusses, die Standortwahl nochmals zu überdenken und mit Hilfe der Stiftung ins Gespräch mit dem BSH zu kommen, konnte Beiratsmitglied Stephan Porst nicht recht nachvollziehen: „Da werden Hoffnungen geweckt, die nicht erfüllt werden können, denn die Auswahl der Fläche ist nach einem gesetzlich geregelten Verfahren erfolgt. Jetzt kann nicht der Ortsbeirat kommen und sagen: ‚Wir wollen das wieder aufrollen.‘ Das halte ich auch angesichts der neuen Sachlage seit dem 24. Februar nicht für angebracht.“

Foto: Taslair
Skizze Seekarte (2): Uwe Jahnke


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