Nachbau der Tweismaker-Jolle ist fast abgeschlossen


05. Mai 2020

Fast drei Jahre ist es jetzt her, dass wir zum ersten Mal über den Nachbau einer Warnemünder Volljolle berichteten. Im Juni 2017 erfolgte die Kiellegung für den so genannten Tweismaker auf der zum Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum Rostock gehörenden historischen Bootswerft in Schmarl. Getauft im August 2018 auf den Namen „Oll Stromer“ ist die Replik des in Warnemünde einst sehr verbreiteten Bootstyps jetzt nahezu fertig. „Es fehlen nur noch ein paar Schichten Lack“, weiß der Vorsitzende des Fördervereins Schiffbaumuseum, Werner Iffländer. Die handgearbeiteten Masten aus Douglasie sind fertig, dazugehörige Mastfüße wurden geliefert und auch das Segeltuch liegt bereit.

Schon auf den ersten Blick ahnt selbst der ungeübte Betrachter: Mit einer Arbeitsjolle hat Oll Stormer nichts mehr zu tun. „Wir sind weit über das Ziel hinausgeschossen und haben eine Luxusyacht gebaut. Zeitzeugen würden unsere Warnemünder Jolle wahrscheinlich gar nicht als solche wiedererkennen“, bekennt Projektleiter Uwe Ahlgrimm, der nach Aussage Iffländers jeden Nagel und jede Schraube mit Namen kennt. Deutlich erkennbar sind hingegen viel Liebe zum Handwerk und zum Detail: Bis zu 52 Zentimeter breite Planken aus Kamballa, einem tropischen Hartholz, wurden aus einem acht Meter langen Stamm geschnitten, gebogen und als Schiffsrumpf verbaut. „Für das Original wurden Eiche oder Lärche verwendet, doch diese heimischen Hölzer waren nicht in den geforderten Breiten lieferbar“, erklärt Ahlgrimm die Abweichung vom Original. Steven, Kiel und Spanten wurden aus geleimter Eiche gefertigt und 1.600 Kupfernieten in aufwändiger Kleinstarbeit angezeichnet, gebohrt und versenkt. „Für ein einheitliches Bild waren mit jeder einzelnen Niete zwei Mann beschäftigt“, erklärt Nietmeister Hans Rieck. Bei all dem Aufwand ist dann auch folgerichtig, dass Oll Stromer nach Fertigstellung zum „Bootschafter“ des Museums avanciert.

Noch liegt das Prunkstück aber „aufgedockt“, und dank der neu eingebauten Fenster für alle Museumsbesucher gut sichtbar, im Werftschuppen. Doch im Frühsommer 2020 soll es endlich vom Stapel laufen. Wann genau das sein wird, hängt vor allem davon ab, wann der Schwimmsteg montiert und zu Wasser gelassen werden kann. Das war bislang wegen der Corona-bedingten Einschränkungen nicht möglich. Der Steg, ein Trailer und eine kleine Slip schaffen auch ideale Voraussetzungen dafür, den Holzbootsbau in der Traditionswerft Schmarl perspektivischen noch auszubauen. „Sehr zu Dank verpflichtet sind wir dem Landtagsabgeordneten Ralf Mucha für seine Unterstützung. Er hat für diese Grundausstattung aus dem Strategiefonds immerhin 30.000 Euro locker gemacht“, lobt Museumsleiterin Kathrin Möller. Mit dem neuen Hafenkapitän will sie demnächst Gespräche wegen eines festen Liegeplatzes für Oll Stromer in Warnemünde ab dem kommenden Jahr führen. Erst dann schließt sich nämlich der Kreis, denn die ersten Gedanken zum Projekt stammen von dem alten Warnemünder Segellehrer Klaus Stäcker. Ihm waren die historischen Segelboote auf alten Eschenburg-Fotografien aufgefallen. Er sammelte auch Fotografien und ein paar alte Skizzen, die für den Nachbau letztlich als Grundlage dienten. Die Zeit überdauert hatte nämlich keines der im 19. Jahrhundert so typischen Segelboote der Küstenfischerei. Und die Tochter von Klaus Stäcker, Ute Müller, ist wiederum Segelmacherin in Rostock-Gehlsdorf. Ihr Unternehmen lieferte die Segel für die Jolle – gefertigt aus modernem Material, hat man den Farbton dem historischen Vorbild angeglichen.

40.000 Euro wurden bislang allein an Materialkosten in den Nachbau der Tweismaker-Jolle investiert. Die Arbeitsleistungen kämen noch oben drauf, doch die wurde von zehn Ehrenamtlern übernommen. Ohne ihren Enthusiasmus wäre man niemals so weit gekommen. Die Bootsbauer Paul und Kristian Brümmer sowie Paul Opel sind an dieser Stelle unbedingt zu nennen.

Zu den unverzichtbaren Sponsoren zählen die Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-Hafen Rostock, die Kloska Group, Sartori & Berger, der Förderverein Leuchtturm Warnemünde e.V., der Rostocker Fracht- und Fischereihafen, die Stadtwerke Rostock AG, die Ostseesparkasse Rostock, die Firma Gesundschuh, die Hanse- und Universitätsstadt Rostock, Cortronik, die Apotheke 24 und der Rotary Club Warnemünde. Zum großen Glück für die Bootsbauer trotzen sie der Coronakrise und bleiben am Ball.

Liegt Oll Stromer erst einmal aufklariert im Wasser, sollen damit auch Ausflugsfahrten unternommen werden. Für die Aufrechterhaltung eines solchen Angebotes, das auch zur Refinanzierung dienen könnte, werden jetzt ehrenamtliche Mitsegler als Crew gesucht. Jeweils zwei von ihnen können dann mit bis zu sechs Ausflüglern durch die Gegend schippern. Nach Aussage von Uwe Ahlgrimm ist die Jolle auf jeden auch Fall Ostsee-tauglich. Er kann es kaum abwarten, dass das was mit einem aufgesägten Baumstamm begann endlich auch im Wasser schwimmt. Sein großer Traum: Ein Törn nach Dänemark mit Oll Stromer.


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