Ist die Vereinheitlichung des Warnemünder Fischmarktes alternativlos?


26. März 2024

Die idyllische Kulisse von Warnemünde, einst geprägt von stolzen Fischern und ihrem Handwerk, erlebt düstere Zeiten. Das Leben der Warnemünder Fischer hat sich in den vergangenen Jahren drastisch gewandelt. Hauptgrund ist der dramatische Rückgang der Fischbestände in der Ostsee. Die Quoten für Dorsch und Hering sind derart restriktiv, dass kein Berufsfischer davon leben kann. Diese Entwicklung zwingt sie dazu, Fisch hinzuzukaufen, um ihre Verkaufsstände überhaupt noch bestücken zu können. Harte Zeiten für diesen traditionsreichen Berufsstand, denn von einer anderen Front droht zusätzliches Ungemach.

Die geplante Umgestaltung des Fischmarktes Mittelmole schwebt wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Fischer. Mit dem Ziel eines einheitlichen Erscheinungsbildes und einer vermeintlichen Verbesserung des Fischmarkt-Ambientes plant die Stadtverwaltung, angemietete Container anstelle der traditionellen Verkaufsanhänger der Fischer zu platzieren. Bereits vor einem Jahr hatte das Thema für Unmut gesorgt (DWM berichtete).

Anfang des Monats hatten Rostocks Senator für Finanzen, Verwaltung und Ordnung, Chris von Wrycz Rekowski, und das Hafen- und Seemannsamt die Fischer zum Austausch geladen. Darüber informierte der Ortsbeiratsvorsitzende, Wolfgang Nitzsche, in der jüngsten Sitzung. Gemeinsam mit weiteren Vertretern des Gremiums war auch er zu dem Treffen geladen. Der Vorsitzende sprach von einem interessanten Erfahrungsaustausch. Aus seiner Sicht hätte es keinen Dissens gegeben, vielmehr hätten die Fischer aktiv mitgearbeitet. „Das einheitliche Erscheinungsbild kann man bewerten, wie man will. Ich habe es für mich akzeptiert“, sagt Wolfgang Nitzsche. Es werde allerdings noch ein bis zwei Jahre dauern, bis man die gewünschte „Perfektion“ erreicht habe.

Hinter den Kulissen rumort es gewaltig. Die geplanten neun Container sollen die altgedienten Fischwagen der Fischer ersetzen. Das hat nicht nur praktische, sondern auch finanzielle Auswirkungen. „Ihnen wird vorgeschlagen, die Container lediglich zu mieten und für sämtliche Extras selbst aufzukommen. Dies bedeutet, dass die Fischer letztendlich ihr Eigentum verlieren und stattdessen Miete zahlen müssen. Das stößt einigen übel auf“, sagt Ortsbeiratsmitglied Axel Tolksdorff. Seine Anregung wäre daher, den Fischern anzubieten, die Container käuflich erwerben zu können.

Doch damit nicht genug: „Uns wurde gesagt, die Container seinen alternativlos. Wer sich dagegen entscheide, habe seinen Platz auf der Mittelmole verwirkt. Viele Fischer haben offenbar eingelenkt, aus Angst, ihren Platz zu verlieren. Schließlich geht es um nicht weniger als die Existenz. Sie haben sich einschüchtern lassen“, sagt Fischer Ingo Pinnow, einer der Berufsältesten in Warnemünde. Er zweifelt an der Sinnhaftigkeit der Container, die nicht nur das traditionelle Flair des Marktes zerstören, sondern auch die Individualität und Flexibilität der Fischer einschränken. Manch einer könne es sich auch schlicht nicht mehr leisten und denke daran, den Geschäftsbetrieb auslaufen zu lassen. Andere meinen, die Container seien viel zu groß und sie würden schon aus diesem Grund lieber ihre kleineren Anhänger behalten.

„Ein einheitliches Erscheinungsbild könnte man durch das Bekleben und Verkleiden der Anhänger erreichen“, ist Pinnow überzeugt. Zelte sollten von der Mittelmole verschwinden, da sei man d'accord. Vereinheitlichte Container würden allerdings eher an eine Ladenzeile, als einen Fischmarkt erinnern. Dazu komme noch das nahezu identische Angebot, denn alle müssen Ware hinzukaufen. In der vergangenen Woche ist Pinnow extra nach Travemünde gefahren, um sich von der bevorzugten Containervariante ein Bild zu machen: „Das Flair ist damit weg und weil keine weiteren Händler geduldet werden, entfällt auch der Fischmarkt am Wochenende“, so Pinnow, der nicht nur für sich spricht und nach eigener Aussage das Gros der Kollegen hinter sich hat. „Viel wichtiger wäre für uns und die Besucher eine funktionierende Toilette. Die vorhandene ist schon seit einem Jahr außer Betrieb“, schimpft seine Frau und Geschäftspartnerin Daniela Pinnow.

Die Stadtverwaltung hüllt sich derweil in Schweigen über Details und Kosten der Container. Einziges Versprechen: ein „fairer, entsprechend der derzeitigen Situation angemessener Mietpreis“. Senator Chris von Wrycz Rekowski betont die Absicht, den Fischmarkt zu verschönern und die Bedingungen für die Fischer zu verbessern: „Und nicht zuletzt wollen wir auch technische Fragen wie etwa Hochwasserschutz und Rettungswege angehen. Die entsprechenden Planungen und Gespräche laufen noch. Sobald das Konzept rund ist, werden wir das Projekt insgesamt der Öffentlichkeit vorstellen und die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Wir sind sehr optimistisch hier zu einer Lösung zu kommen, die Anbieter wie Kunden, Einwohner wie Gäste gleichermaßen überzeugt.“

Fischer Pinnow ist indes keinesfalls überzeugt und ist entschlossen, gegen die Umgestaltung zu kämpfen und das einzigartige Flair des Warnemünder Fischmarktes zu erhalten.


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Else Kling - 28.03.2024 um 17:17 Uhr
Liebe Warnemünder Verwaltung, nix gegen etwas mehr "chic" - aber doch nicht so!!! Ich besuche diesen Markt immer, wenn ich in Warnemünde bin und kann mir nicht vorstellen, daß dieser Ort an Flair gewinnt, wenn kantige, gleichförmig schlichte Container (!!) dort an der Kaimauer stehen. Abgesehen davon, daß auch ich denke, daß es für eine Reihe von Fischern nicht mehr wirtschaftlich ist. Die Zeiten sind hart, die Fische rar und der Warnemündebesucher würde eine lieb gewordene Attraktion weniger vorfinden. Hoffnungsvoll Ihre Frau Kling
H. Klopsch - 28.03.2024 um 11:17 Uhr
Wir sind zwar keine Warnemünder sondern langjährige Touristen in Warnemünde und unterstützen Fischer Pinnow voll und ganz!
Es soll nicht schon wieder ein Stück authentisches Warnemünde verschwinden.
m. kittel - 28.03.2024 um 08:44 Uhr
gut - ein paar weitere Meinungen wären interessant.
Herr Pinnow sollte unterstützt werden.
Hans-Jürgen Kuhlmann - 26.03.2024 um 11:13 Uhr
Nicht aufgeben. Lasst euch nicht alles einfach wegnehmen. Warnemünde hat schon genug Federn gelassen zugunsten des Massentourismus.
Tim - 26.03.2024 um 10:45 Uhr
Es klingt nach einer harten Maßnahme von Gestaltungsrichtlinien, die sich die Verantwortlichen durch die Vermietung von Containern und das Abschaffen von traditionell gewachsenem Eigentum wirtschaftlich zu eigen machen. Ein Konzept das zwangsläufig zu Unmut führen muss, da es einer Zwangsenteignung nahe kommt. Letztlich bleibt wohl nur abzuwarten, wie das Gesamtkonzept optisch und inhaltlich aussehen wird,
um über Fairness, Nutzen und Sinnhaftigkeit urteilen.zu können.
Sabine? Bäuerle - 26.03.2024 um 09:58 Uhr
Und wieder soll ein Stück authentisches Warnemünde verschwinden.
So bekommt man auch die Touristen aus dem Ort
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