Gymnasiasten treffen sich zur Silvestermüllsammlung am Strand


06. Januar 2023

Zehn Schülerinnen und Schüler der Klasse 9c des Rostocker Käthe-Kollwitz-Gymnasiums tauschten heute Morgen den Klassenzimmermief gegen eine Frischluftkur und trafen sich am Strand von Warnemünde zur alljährliche Silvestermüllsammlung mit Monitoring. EUCC – Die Küsten Union Deutschland e.V. (EUCC-D) steht mit der Klasse in direktem Kontakt; die Sammlung wurde durch den Elternrat organisiert.

„Wir besammeln die Aufgänge 6 und 7 in Richtung Mole, auch in den Dünen“, erläutert EUCC-D Vorsitzende Nardine Stybel die Vorgehensweise. Zum Betreten der Küstenschutzanlage habe sie eine Sondergenehmigung eingeholt. „Besonders interessant ist für uns der Aufgang 7, denn hier vergleichen wir das Müllaufkommen mit dem aus den Vorjahren“, sagt Nardine Stybel. Bei der Silvestersammlung 2020 wurden am Strandabschnitt 7 insgesamt 5.222 Müllteile abgesammelt. 2021 waren es nur noch 1.455 Teile. In der Auswertung vermutet EUCC-D einen Zusammenhang mit dem 2021 verhängten Corona-bedingten Böllerverbot.

„Unser Anliegen heute ist zum einen natürlich die Reinigung des Strandes, zum anderen aber auch das Schärfen des Bewusstseins. Wir alle produzieren nämlich jeden Tag Müll und ganz besonders an Silvester. Vieles wird schon am Folgetag bei der Strandreinigung weggesammelt, vieles bleibt aber auch liegen“, weiß die diplomierte Biologin und Wissenschaftsjournalistin. Gerade Kleinteile verursachten große Folgeschäden in der Umwelt und seien ein echtes Problem. Sie landen im Meer und zerfressen vom Salzwasser dringen sie in die Organismen ein. Natürlich sei die Problematik hinlänglich bekannt, doch komme sie bei den Entscheidungsträgern offenbar nicht an: „Wir alle rufen eben noch nicht laut genug“, ist Nardine Stybel überzeugt und denkt an die immer wieder geforderte Böllerverbotszone am Warnemünder Strand.

Das regnerisch-ungemütliche Wetter gereichte der Müllsammler-Motivation jedenfalls nicht zum Nachteil. Ganz im Gegenteil: „Es hilft der Umwelt und es ist mal was anderes als immer nur Schule“, sagt Lena und Mitschüler Emil ergänzt: „Mit Herrn Plagemann haben wir gerade Plakate zum Thema Klimawandel gestaltet. Da fängt man ganz automatisch an, nachzudenken und mehr auf Nachhaltigkeit zu achten und Dinge vielleicht mehrfach zu verwenden.“

Im Vorjahr wurden vor allem zerbröselte Plastikteile der Sandfangzäune gefunden. Und natürlich Kippen. „12,7 Millionen Zigaretten werden in Deutschland täglich geraucht. Oft landen die Kippen einfach auf der Straße, denn viele Raucher denken, es ist Biomüll. Das ist falsch. Mit 4.000 toxischen Schadstoffen belastet gelten Zigarettenkippen sogar als Sondermüll“, weiß Stybel. Immerhin 37.000 Zigarettenkippen konnten am Warnemünder Strand schon in den Ostsee-Aschern gesammelt werden. Die durch EUCC-D und die Tourismuszentrale angestoßene Aktion gilt damit als erfolgreich.

Der Müll von heute werde gerade noch ausgezählt, verrät Nardine Stybel: „Wir können aber schon sagen, dass wir auf den Strandabschnitten 6 und 7 insgesamt 22,2 Kilogramm gesammelt haben. Davon 6,42 Kilo in den Dünen, die einem Betretungsverbot unterliegen. Das sind 6,7 Kilo mehr als bei der Sammlung im letzten Jahr, bei der wir eine viel größere Fläche besammelt haben.“

Update 7. Januar 2023: Wie Nardine Stybel nach Redaktionsschluss mitteilte, wurden vom Strandabschnitt 7 insgesamt 2.455 Teile abgesammelt, davon 317 im Dünenbereich. 1.200 Teile seien eindeutig Silvestermüll zuzuordnen, also knapp die Hälfte.

Und hier noch ein paar Fakten zu Müll und Meer:

Jährlich verursacht ein Mensch allein mit dem Reifenabrieb eines PKW 998 Gramm Mikroplastik. Der Abrieb durch Schuhsohlen liegt bei 109 Gramm. Durch das Waschen von Textilien entstehen pro Kopf und Jahr etwa 77 Gramm Mikroplastik.

Am häufigsten (80 Prozent) werden am Strand Plastikteile gefunden. Es folgen Metall, Glas und Keramik, Gummi sowie Chemikalien. Drei Prozent des am Strand gesammelten Mülls sind Feuerwerksplastikteile.

Über eine Million Tiere sterben jedes Jahr an Plastikmüll im Meer.

Die Zerfallsdauer der Müllteile im Meer ist sehr unterschiedlich: eine Angelschnur braucht 600 Jahre, ein Getränkedose 200 Jahre, eine Plastikflasche 450 Jahre, ein Zigarettenstummel ein bis fünf Jahre, ein Pappkarton zwei Monate und ein Papiertaschentuch zwei bis vier Wochen.

Jedes Jahr werden etwa 1,5 bis 2,41 Millionen Tonnen Müll durch Flüsse ins Meer gespült.


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UWS - 08.01.2023 um 23:20 Uhr
…..im Übrigen geht es hier nicht nur um den Dreck zu Silvester. Unter anderen mit Blick auf den Umwelt- und Klimaschutz muss auch dringend das Turmleuchten in der aktuellen Form in Frage gestellt werden. Da die wirtschaftlichen Interessen bei dieser Veranstaltung noch besonders ausgeprägt sind, wird es für den Verzicht wohl leider noch etwas Zeit brauch bis die Vernunft überwiegt.
UWS - 08.01.2023 um 19:12 Uhr
Diese Schülerinnen und Schüler haben großen Respekt verdient; vielen Dank für die Aktion. Trotzdem hinterlässt die Silvestermüllaktion einen traurigen Hintergrund. Es ist erschreckend, wieviel dumme Menschen immer noch Ihren Müll in Warnemünde am Strand abladen. Es ist zu hoffen, dass sich die Forderungen nach einem Böllerverbot am Strand zeitnah durchsetzen. Nochmals vielen Dank.
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