Geplante neue Kurabgabesatzung sorgt für Kritik


08. März 2023

Die angekündigte Erhöhung der Kurabgabe erhitzt die Gemüter – vor allem in der Peripherie, abseits von Warnemünde und Rostock. Immer sollten einer Preiserhöhung dieses Ausmaßes nämlich entsprechende Leistungen gegenüberstehen. Und genau daran mangelt es gerade in den naturnahen Seebädern Diedrichshagen und Markgrafenheide. Trotzdem sind die Hoteliers und Vermieter verpflichtet, ganzjährig die volle Gebühr zu kassieren. Das sorgt für Erklärungsnöte gegenüber den Gästen.     

Grundsätzlich werden auch abseits der Hotspots Akzente wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Mobilität befürwortet, doch es gibt Besonderheiten und diese sollten in die Neuregelung einfließen. Die kostenfreie Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zum Beispiel ist ein richtiger Schritt und für Gäste in Rostock und Warnemünde ein wahrzunehmender Mehrwert, der eine Preiserhöhung um 1,45 Euro rechtfertige. Allerdings: Von einem gut ausgebauten ÖPNV könne auf der Ostseite der Warnow keine Rede sein, sagt Anne Schlücker, Prokuristin im StrandResort Markgrafenheide mit jährlich rund 140.000 Übernachtungen: „Da wir dies bereits mit Eröffnung des StrandResorts im Jahre 2014 erkannt haben, wurden unsererseits alle Bemühungen in Bewegung gesetzt, um eine familienfreundliche Anbindung des Nahverkehrs zu gewährleisten.“ Mit eigenem Engagement und Investitionen von bis dato über 80.000 Euro – die Summe setzt sich aus einer finanziellen Beteiligung am Bau der Haltestelle und einer monatlichen Mehraufwandspauschale für die RSAG zusammen – habe man dies seit Frühjahr 2016 zur Zufriedenheit der Gäste und Mitarbeiter erfolgreich umsetzen können.

Dazu komme, dass die für Markgrafenheide so wichtige Warnowfähre von Hohe Düne nach Warnemünde in der Gästekarte nicht inkludiert ist: „Durch die Nichteinbeziehung der Fähre liegt Markgrafenheide einmal mehr auf der Schattenseite“, macht Bert Pohling, der gemeinsam mit seiner Frau Christina die Hotels Godewind und Susewind im Heideort betreibt, seinem Unmut Luft. Er fordert die Tourismuszentrale auf, nach einer vernünftigen Lösung zu suchen.

Und noch ein Ärgernis: Die Nutzung kommunaler WC-Anlagen soll mit der neu einzuführenden digitalen Gästekarte zwar kostenfrei sein, doch fehlt es an diesen nur zu oft. „Zwischen den Aufgängen 27 und 34 gibt es keine einzige Möglichkeit zur Nutzung einer öffentlichen Toilette. Lediglich die WC-Anlage unseres StrandRestaurant ‚blaue boje‘ steht den Strandgästen zur Verfügung“, führt Anne Schlücker aus.

Massive Kritik kommt auch aus Diedrichshagen: „Schon 2021 gab es die riesige Erhöhung ohne entsprechende Leistungen und nun erneut eine Steigerung von über 60 Prozent“, schimpft Susann Apitz vom Landhotel Ostseetraum im Stolteraer Weg. Positiv sieht auch sie eine kostenfreie Nutzung der öffentlichen Toiletten – wenn sie denn da sind – und die Einbindung des ÖPNV. Die jetzt angestrebte Erhöhung sei aus ihrer Sicht jedoch „Wucher“ und bei einem Preis-Leistungsvergleich etwa mit den Seebädern auf der Insel Rügen keinesfalls akzeptabel. „Es ist wirklich traurig, denn wir sind an der ‚Front‘ und haben den Erklärungsbedarf an der Rezeption und müssen uns anhören wie unverschämt teuer Warnemünde geworden ist. Irgendwann werden alle aufwachen, hoffentlich nicht zu spät.“

Die Inhaberin des Ostseehotels Wilhelmshöhe, Katharina Soyk, schaut ebenfalls in die Nachbarschaft: „Seebäder wie Binz und Kühlungsborn zeigen uns, wie Tourismus an der Ostseeküste aussehen sollte. Ein breites Angebot an kostenfreien, interessanten Veranstaltungen für Gäste, digitale Kurkarten mit freier Nutzung einer Bäderbahn und moderne, vor allem saubere Toiletten. Das sollte heute unser Standard und unser Selbstverständnis von Tourismus sein.“ In Warnemünde gebe es dagegen ab Höhe Hotel Stolteraa kaum noch eine moderne WC-Anlage und der Strand als „Verkaufsschlager Nr. 1“ werde auch nur bis dahin Tourismus-schön aufgeschüttet. Danach fänden die Urlauber vor allem kleine, versandete Wege, mit viel Verschmutzung hinter den Bäumen vor.

„Aufgrund des verminderten touristischen Ausbaus waren wir stets eine Außenzone. Der Bus ist zu weit weg, sodass ältere Urlauber zwangsläufig auf ihr Auto angewiesen sind. Geh- und Radwege sind schlecht ausgebaut, viel zu eng und nicht beleuchtet“, erläutert Katharina Soyk die Problematik. Gerade der letzte Sommer habe rund um das Thema Strandbewirtschaftung für viel Unmut gesorgt: Die Strandabgänge seien alt, schlecht passierbar und ungepflegt, eine Toilette ist gar nicht aufzufinden. „Das alles stand schon in keinem Verhältnis zur letzten Erhöhung der Kurtaxe. Jetzt soll eine weitere Erhöhung, ohne Abstufung nach Randbereich oder Saison erfolgen. Das sehe ich als nicht gerechtfertigt. Meines Erachtens sollten zunächst geplante Verbesserungen und dann erst eine Preiserhöhung umgesetzt werden.“

Eine saisonale Abstufung zu mindestens in den Außenbereichen wünscht sich auch Alexander Soyk, der nur wenige hundert Meter weit entfernt in Richtung Westen das Hotel Ostseeland betreibt. Als Vorstandsmitglied im Tourismusverein Rostock & Warnemünde erachtet er gerade die Integration des ÖPNV als wichtig und richtig, „wird aber in Anbetracht der gängigen Anreiseformen (mit dem eigenen PKW, Anm. d. Red.) und Entwicklung anderer attraktiver ÖPNV-Angebote nicht für jeden Gast relevant sein. Kostenfreie Toiletten sind für den Standort ein notwendiges, aber längst überfälliges touristisches Angebot.“

Nach einer repräsentativen Erhebung aus dem Jahr 2021 reisen 26 Prozent der Gäste mit der Bahn nach Rostock. Etwa 65 Prozent kommen mit dem PKW. Voraussichtlich ab dem 1. Mai soll bundesweit das 49-Euro-Deutschlandticket eingeführt werden. Es gilt deutschlandweit für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Urlaubsgäste, die mit dem Deutschlandticket anreisen, profitieren nicht von dem mit 1,45 Euro bezifferten ÖPNV-Anteil in der Kurabgabe.   

Noch im März soll die Rostocker Bürgerschaft über die Beschlussvorlage zur neuen Kurabgabesatzung abstimmen. Sollte sie bestätigt werden, gelten die neuen Bedingungen bereits im Juni 2023 zur anstehenden Hauptsaison. Die Gesamtkurabgabe würde sich auf 3,70 Euro belaufen. Kinder bis einschließlich fünf Jahre sind von der Kurabgabe befreit und für Kinder/ Jugendliche von sechs bis einschließlich 14 Jahre gilt der ermäßigte Satz von 2,95 Euro pro Tag und Person bei Übernachtungsgästen.

Neu ist, dass auch Tagesgäste – als solche gelten ortsfremde Personen, die die öffentlichen und touristischen Freizeitstrukturen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock in Anspruch nehmen – zur Kasse gebeten werden. Nicht integriert ist für sie der ÖPNV, weshalb die Kurabgabe für Tagesgäste mit 2,25 Euro bzw. 1,50 Euro ermäßigt geringer ausfällt. Personen, die in Rostock alltäglichen Verrichtungen nachgehen wie Arbeit, Ausbildung, Einkaufen oder Arztbesuche bleiben von der Kurabgabe befreit, heißt es aus der Tourismuszentrale. Die Strukturen für die Erfassung der Tagesgäste sollen noch im Laufe des Jahres aufgebaut werden. Denkbar wäre die Zahlung über Kurabgabeautomaten, Parkapps, Webshop, in Kombination mit Eintrittsgeldern oder über Terminals in den Tourist-Informationen. Tagesgäste sollen dann ebenfalls eine Kurkarte mit den gleichen Vorteilsangeboten wie die Übernachtungsgäste bekommen. Unklar ist bislang, wer die „Tageskarten“ kontrolliert.

Am kommenden Dienstag, 14. März um 18.30 Uhr ist die Novellierung der Kurabgabesatzung Thema in der Ortsbeiratssitzung Warnemünde/ Diedrichshagen. Ebenso in der Sitzung des Ortsbeirates Seebad Markgrafenheide, Seebad Hohe Düne, Hinrichshagen, Wiethagen, Torfbrücke am Mittwoch, 15. März um 17 Uhr im Heidehaus. Die Beschlussvorlage wird außerdem in den Ausschüssen für Finanzen, Wirtschaft und Tourismus sowie Stadt- und Regionalentwicklung vorgestellt und diskutiert.


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