Auf den ersten Blick ist mit den Fahrgastschiffen Warnowstar, Markgrafenheide und dem Mississippi-Schaufelraddampfer Schnatermann am Alten Strom von Warnemünde alles unverändert. Alle drei liegen an ihren angestammten Plätzen. Nur hinter den Kulissen der Reederei Warnow Personenschifffahrt hat es einen Wechsel gegeben. Reeder Reinhard Kammel hat seinen Ruhestand angetreten und seinen drei Kindern Volker (45), Conny (43) und Matthias (35) die Verantwortung über seine Schiffe übertragen und ihnen zu gleichen Teilen sein Unternehmen übergeben. Seit dem 1. Januar 2024 führen sie die Warnow Personenschifffahrt als Offene Handelsgesellschaft. „Das haben wir seit langem geplant und gründlich vorbereitet“, sagt der 67-jährige. Sein erwachsenes Kindertrio ist seit dem Beginn seiner Karriere als Reeder mit den ersten gepachteten und diesen drei eigenen Schiffen aufgewachsen. Kapitän Matthias Kammel erinnert sich noch schmunzelnd, wie er als etwa sechsjähriger Steppke immer gerufen hat: „Brause Cola Bier, alles bekommen Sie hier.“
Als Kapitän in Warnemünde ist Reinhard Kammel 1992 mit der gecharterten Barkasse Hertha gestartet, es folgte das Fahrgastschiff Nordfriesland. Ein nächster Meilenstein, war der Neubau des Fahrgastschiffes Markgrafenheide, ein für 180 Personen zugelassenes Schiff, das am 7. Februar 1997 im niederländischen Maasbracht von Evelyn Kammel getauft wurde. 1998 entwarf Vater Kammel ein neues Schiff. Für das sensible Naturschutzgebiet Radelsee wollte er eine Ergänzung mit dem kleinen Boot Schnatermann für 50 Personen. Später kam noch das Fahrgastschiff Breitling in die Kammelsche Flotte. Als letztes Schiff hat er 2011 in Polen den beliebten Heckraddampfer Schnatermann bauen lassen, der 2012 zum ersten Mal die Molenköpfe passierte. Vor seiner Selbstständigkeit war Kammel Zerspaner auf der Werft, später zuerst Decksmann und dann Kapitän bei der BBB, wo er zur Wende wie viele entlassen wurde. Daher kam der Gedanke der Selbstständigkeit.
Kammel Senior konnte jetzt gut loslassen, weil die Übergabe seit über zwei Jahren geplant war. „Ich habe das ja genau beobachtet und weiß das Unternehmen bei meinen Kindern in guten Händen, sonst hätte ich es nicht gemacht und woanders verkauft“, sagt er. Allerdings ist er davon überzeugt, dass es den Warnemündern lieber ist, wenn ein angestammtes Unternehmen wie seines auch weiterhin von Warnemündern geführt wird.
Tochter Conny Kirchner kümmert sich um den den Bereich Buchhaltung, den hat sie von ihrer Mutter Evelyn übernommen. „Wir sind in jeder Ecke des Unternehmens gut aufgestellt“, sagt sie. Alle drei Geschwister sind gleichberechtigte Partner. Connys Mann Steven Kirchner ist als Schiffsführer in dem Unternehmen tätig, meistens fährt er den Schaufelraddampfer durch das Naturschutzgebiet Radelsee.
Der jüngste Sohn Matthias Kammel ist Kapitän der Warnowstar. Der 35-Jährige war früher in dieser Position auf Spezialschiffen der Hafenschlepperei tätig. Damals trug er Verantwortung für 6.000-PS-Schiffe – zum Vergleich „seine“ Warnowstar hat 400 PS unter der Haube. Als er in Warnemünde gebraucht wurde, stieg er von den großen Pötten ab und wechselte in das Familienunternehmen. „Auch, wenn man meistens fünf Mal am Tag durch das Hafenrevier schippert, ist es trotzdem abwechslungsreich, die Gäste sind unterschiedlich, das Wetter ebenfalls“, sagt er. Was bei diesem Wechsel für ihn der persönliche Gewinn ist: „Ich kann meine Kinder abends mit ins Bett bringen“, sagt der Warnemünder.
Der älteste Sohn Volker Kammel hat den Bootsverleih in Markgrafenheide übernommen. Er kann auch Schiffe fahren, hat aber mehr Freude am Vermieten der Boote. „Das passt schon“, sagt er und seine Geschwister pflichten im bei.
Vater Reinhard Kammel steht seinen Kindern mit Rat und Tat zur Seite. „Wenn was anliegt fragen wir ihn schon, aber wir fällen dann trotzdem unsere eigenen Entscheidungen“, sagt Tochter Conny. Auch ohne Verantwortung verfolgt Reinhard Kammel das Geschehen der Familienflotte. Er kommt häufig vorbei. Und wenn er gebraucht wird, weil jemand aus der Familie Urlaub hat, dann setzt er sich selbst wieder an Steuerrad. „Das mache ich auf freiwilliger Basis und mit großer Freude.“ Und er betont: „Ich kann alle Schiffe fahren, ich habe sie ja alle bauen lassen“.
Neben der Arbeit hat das Thema Familie einen großen Stellenwert bei den Kammels. Einmal im Jahr fahren Reinhard Kammel mit seiner Frau, den drei Kindern mit Partnern sowie deren Kinder in den Urlaub. „Da freuen sich alle schon Wochen vorher drauf“, sagt Matthias Kammel. Auch da gibt es eine Regel: „Es darf maximal am ersten Tag von der Arbeit geredet werden, danach ist das Thema tabu und verboten.“
Für die Fahrgäste verändert sich durch diese Übergabe nichts. Weder die Route, noch der Preis. Es bleibt alles, wie es alle kennen.
Maria Pistor
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Wir freuen uns sehr für euch und wünschen für die Zukunft alles Gute und immer viele zufriedene Gäste.Andrea und Bernd