Edvard Munchs Birnbaum: Von der Natur inspiriert, in der Kunst verewigt


28. Mai 2024

Als Edvard Munch 1907 seinen Vermieter, den Lotsen Carl Nielsen, unter dem Birnbaum im Innenhof des Hauses Am Strom 53 in Warnemünde malte, war dieser bereits über hundert Jahre alt. 2019 – einem Gutachten zufolge im Alter von über 220 Jahren – brachte ein Herbststurm diesen Birnbaum zu Fall. Seither ist der Edvard Munch Haus-Verein im Gespräch und in Verhandlung mit verschiedenen norwegischen und deutschen Künstlern, um das Holz dieses bedeutungsvollen Baumes in künstlerischen Projekten zu verewigen.

Zwei Setzlinge des Baumes sind mittlerweile vor dem neuen Munch-Museum in Oslo eingepflanzt, ein weiterer Abkömmling soll im Herbst im Innenhof des Edvard Munch Hauses Warnemünde gepflanzt werden. Der umgestürzte Baum hat 2022 seine letzte Birne getragen, ist mittlerweile abgestorben und wird in diesem Herbst gefällt.

Die Ausstellung „Edvard Munch – Lebenslandschaft“, die dem deutschen Publikum von November 2023 bis April 2024 im Potsdamer Museum Barberini präsentiert wurde und derzeit in Oslo gezeigt wird, markiert den Startpunkt einer wissenschaftlichen Erforschung von Edvard Munchs Verhältnis zur Natur. Munch gilt als einer der wesentlichen Begründer der Moderne. Seine in Warnemünde entstandenen Badeszenen werden als Beleg seiner Zugehörigkeit zur „vitalistischen Bewegung“ Nordeuropas gewertet. Seine naturphilosophischen Aufzeichnungen und die Zusammenstellung seiner Bibliothek zeigen, dass die Natur in Munchs Schaffen eine herausragende Bedeutung hatte – nahezu die Hälfte seiner malerischen Arbeiten widmete er Naturmotiven.

Munch beschäftigte sich intensiv mit den Werken Charles Darwins und insbesondere Ernst Haeckels, später auch mit der Kristallisationstheorie. Er sprach Felsen und Bäumen Leben zu und schrieb 1907 an Elisabeth Förster-Nietzsche, der Schwester Friedrich Nietzsches: „Ich lebe in Warnemünde in vollkommenem Frieden“. Der Birnbaum war für ihn nicht nur ein Malmotiv, sondern ein meditativer Bezugspunkt und Ruhepol.

220 Jahre sind für einen Birnbaum ein außergewöhnliches Alter. Um diesem mythologisch anmutenden Alter Respekt zu zollen, wird das Fällen des Birnbaums von zwei entsprechenden Ausstellungen im Edvard Munch Haus begleitet: „Conservation as Care“ vom 29. Juni bis 11. August und „The Fallen Tree“ vom 31. August bis 6. Oktober 2024.

Um das Baumprojekt des Munch Hauses zu initiieren, präsentiert Matti Aikio am Sonnabend, 1. Juni um 18 Uhr im Edvard Munch Haus Warnemünde eine rituelle Sitzung mit Titel „Munch´s Pear Tree“, um die Seele des sterbenden Birnbaums zu erwecken. Basierend auf indigenen Vorstellungen der samischen Tradition wird er Kontakt mit dem Birnbaum aufnehmen und in einen Dialog mit ihm treten, bevor dieser weiterzieht. Matti Aikio ist ein finnisch-samischer Künstler mit Wurzeln in der Rentierzucht. Er erforscht die Überschneidungen zwischen der modernen westlichen Gesellschaft und den indigenen Kulturen, ihre relativen Weltanschauungen und Vorstellungen von Raum und Zeit, mit einem besonderen Interesse an dem Konflikt zwischen ihrer Nutzung natürlicher Ressourcen, der sich aus ihren grundlegend unterschiedlichen Ansätzen zur Natur ergibt.


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