Die Pappeln im Waldweg: Baumerhalt hat Priorität


10. Februar 2021

Gehörig Dampf aus dem Kessel nahmen in der gestrigen Ortsbeiratssitzung Ute Fischer-Gäde und Nils Vetter vom Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen in Bezug auf die Pappelreihe im Waldweg in Diedrichshagen. Sieben stattliche Bäume sind hier mit roten Kreuzen gekennzeichnet und tauchen zudem in der aktuellen Fällliste der Stadt Rostock auf. Müssen sie noch bis zum 28. Februar fallen?

Nein, betonte Amtsleiterin Ute Fischer-Gäde. Man beschäftige sich in erster Linie mit dem Schutz der Bäume. Aber auch Baumentwicklung und Baumpflege gehörten zum Aufgabenprofil. Der Waldweg in Diedrichshagen sei ein klassisches Beispiel für die Abwägung, eine Baumreihe als solche zu erhalten und wenn nötig, Maßnahmen zur Verkehrssicherheit vorzunehmen: „Wir befinden uns in einem Landschaftsschutzgebiet und haben es dazu mit geschützten Bäumen zu tun.“ Es läge weder eine Fällgenehmigung vor, noch habe man einen Fällplan, hob die Amtsleiterin hervor. Die Pappeln seien 50 bis 60 Jahre alt und hätten damit das Ende ihrer Lebenszeit erreicht. „In der Baumliste stehen sie, weil wir seit 15 Jahren wissen, dass sie uns sukzessive verlorengehen.“ Nichtsdestotrotz wolle man den Naturraum so weiterentwickeln, dass der gesunde Bestand erhalten und zugleich eine naturnahe, insektenfreundliche und die Diversität fördernde Umgestaltung vorgenommen würde.

Sicher scheint, dass nicht alle Bäume in der geschützten Baumreihe auch gesund sind. „2019 ging hier ein Besucher mit seinem Enkel spazieren und es kam an einer der Pappeln zu einem  Grünastabbruch. Glücklicherweise ist nichts passiert, doch der Spaziergänger informierte sofort die Polizei und die forderte uns auf, zu handeln“, erklärte Nils Vetter, Sachbearbeiter Baumschutz und Naturdenkmale im Stadtgrünamt. Er habe die Prüfung vorgenommen und an einem Baum Stammfäule attestiert. Es gäbe auch viel Totholz. Zudem handele es sich nicht um Schwarz-Pappeln, sondern um Hybride. „Deren Holzfasern sind besonders lang und sie neigen deshalb verstärkt zu Grünastabbrüchen.“

Auch wirtschaftliche Fragen spielen eine Rolle. Die Pappelreihe steht auf einer Grundstücksgrenze und nur sieben Bäume gehören der Stadt Rostock. Der Rest stehe auf privatem Gelände, weshalb bei Verkehrssicherungsmaßnahmen auch der Eigentümer ins Boot zu holen sei. Nach Paragraf 19, Landesnaturschutzgesetz, handele es sich zudem um eine geschützte Baumreihe. Bei geplanten Fällungen müssten immer auch die Naturschutzverbände einbezogen werden. Es soll daher ein Beteiligungsverfahren eröffnet werden.

Langfristiges Ziel sei, so Vetter, den Grünzug zu erhalten. Nur das Wie ist noch unklar. Die Natur zeige dabei von ganz alleine, was sie möchte: „Ohne, dass wir was gepflanzt haben, wachsen zwischen den gewaltigen Pappeln Eichen. Wir würden diese Heister als Nachpflanzungen setzen und die Pappeln sukzessive wegnehmen.“ Das seien bislang jedoch nur Planspiele im Amt für Stadtgrün. Es gäbe auch noch keine Abstimmung mit den Naturschutzverbänden, sondern einzig eine fachliche Auseinandersetzung.

Derzeit prüft Nils Vetter die Verkehrssicherheit der Bäume im Diedrichshäger Waldweg. Eine von Baumfäule betroffene Pappel habe er bereits herausgefunden und es gäbe akuten Handlungsbedarf. Bei einer weiteren, komme es häufiger zu Grünastabbrüchen. Auch hier müsse dringend etwas getan werden. Trotzdem wolle man schauen, ob die beiden Bäume noch bis zum 1. Oktober, dem Beginn der nächsten Fällsaison, erhalten werden können. Als Sofortmaßnahmen kündigte der Grünamtsmitarbeiter die komplette Totholzentnahme noch im laufenden Monat an. Das sei wichtig und wurde hier vor vier Jahren zum letzten Mal gemacht.

Bei der Sprecherin der Bürgerinitiative „Rettet des Küstenwald“ (BI), Annette Boog, kam das Einlenken des Grünamtes gut an. Die Juristin verwies zudem auf die Gesetzeslage, wonach geschützte Bäume erst dann aus Gründen der Verkehrssicherheit gefällt werden dürfen, wenn auf andere Weise keine Abhilfe geschaffen werden kann. Die Naturschutzverbände seien dann unbedingt einzubeziehen. Allen Zusicherungen von Amtswegen zum Trotz hinterfragte Boog in diesem Zusammenhang, weshalb im aktuellen Baumbericht der Stadt Rostock, die sieben Pappeln bereits unter der Rubrik „Fällungen“ zu finden seien. „Auch beim Baum-Rundgang, Anfang Januar, wurden sie uns nicht vorgestellt. Da ging es lediglich um 15 Bäume. Tetzt sind es aber 39!“ Diesen Sachverhalt begründete Vetter mit einem „Kopierfehler im Amt“. Es gehe demnach tatsächlich nur um 15 Bäume.

Großen Respekt vor einem heftigen Disput um den Baumbericht hatte Mathias Ehlers vom Umweltausschuss des Ortsbeirates (OBR) im Vorfeld der gestrigen Sitzung. Seine Vermutung hat sich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr nimmt der Warnemünder Hoffnungen mit aus der Diskussion: Hoffnung auf den weitestgehenden Baumerhalt und noch mehr Hoffnung darauf, dass bei Fällungen umgehend nachgepflanzt werden soll.

Der Baumbericht sei ein vorausschauendes aber kein statisches Instrument und Dinge können sich auch ändern. Immer sei Baumerhalt aber das oberste Gebot, hob Ute Fischer-Gäde abschließend hervor. Ausdrücklich lobte sie die Zusammenarbeit mit dem OBR und die gemeinsamen „Baumrunden“ am Anfang des Jahres durch Warnemünde, bei denen es um die „Sorgenkinder“ geht: „Diese nehmen Ihnen die Sorge und geben uns das Gefühl, Sie mitgenommen zu haben.“

Über die nicht angekündigte Fällung von acht gesunden Bäumen in der Parkstraße, Ecke Groß Kleiner Weg, am 19. Januar wurde gestern Abend nicht gesprochen. „Es läuft ein Verfahren und wir haben nichts zu diskutieren“, beschied der Beiratsvorsitzende, Wolfgang Nitzsche.


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