Das Schallplattencafé Coaast ist seit 30 Jahren Anlaufpunkt für Musikfans


23. November 2022

Am 1. Dezember 2022 ist es 30 Jahre her, dass „Doc“ Andreas Buhse sein Hobby zum Beruf machte. Er eröffnete in der Straße Am Leuchtturm zunächst die Schallplattenbörse und später, nur zwei Häuser weiter, das Schallplattencafé Coaast. DIE Adresse für Rockmusikfans aus ganz Deutschland und darüber hinaus.

Begonnen hat alles schon viel früher, im Frühjahr 1989, im Rostocker Heinrich-Mann-Klub, wo sich Schallplattenfan Buhse neben seiner befristeten Assistenzstelle an der Uni Rostock ehrenamtlich engagierte. In irgendeiner Gesprächsrunde keimte die Idee auf, eine Plattenbörse zu veranstalten. Sie sollte am 12. November stattfinden. Am 9. November fiel die Mauer und alles war anders. Würden die Leute trotzdem kommen? „Wir zogen das Ding durch, es hat sehr viel Spaß gemacht und ja, die Leute kamen“, berichtet Andreas Buhse. Die diffuse Lage brachte sogar Vorteile mit sich, denn bürokratische Hürden gab es kaum noch. Die Plattenbörse lief so gut, dass dafür ein Raum angemietet wurde. In dieser Zeit lernte der Doc einen weiteren Schallplatten- und Musikfan kennen, der heute in Warnemünde aktiv ist: Knut Linke, Inhaber der Agentur Kulturmeer.  

Die Uni-Stelle lief irgendwann aus. Und wie nun weiter? „Mein Vater hatte schließlich die Idee, dass ich in Warnemünde einen Laden anmieten und mich selbständig machen sollte“, bekennt der heute 64-Jährige. 1992 eröffnete er die Schallplattenbörse in der Straße Am Leuchtturm 2. Und es gab auch gleich drei Mitarbeiter, darunter Frank Roggatz, der noch heute zum Team gehört. Ein kleiner, einfacher Laden mit zunächst nur Schallplatten. Später kamen CDs dazu. Ein Fehler, wie Buhse heute sagt. Ausschlaggebend seien die Straßenkonzerte der Kelly-Family in Warnemünde gewesen. Die dazugehörigen „Silberlinge“ gab’s nämlich bei ihm in der Schallplattenbörse.

Im Jahr 1998 wurde die Nummer 4 in der Straße Am Leuchtturm umgebaut und Buhse kaufte eines der beiden ebenerdigen Ladengeschäfte. Als Kapitalanlage und um etwas für die Rente zu tun, wie er sagt. Der Umzug war schnell getan und aus der Schallplattenbörse wurde ein Schallplattencafé. Mit Ausschank auch an den Sonntagen. Ein großer Vorteil in einem Ostseebad, wie sich herausstellte. Die Rechnung ging auf, der Laden ist seit Jahren abgezahlt.

Etwa 4.000 Schallplatten sind auf den 55 Quadratmetern Verkaufsfläche gut sortiert. Neuware, aber auch Gebrauchte. Keine Unterhaltungsmusik, keine Schlager und keine Klassik. In der DDR aufgelegte Lizenzplatten und Ostrock-Alben laufen recht gut. Genau wie die von DDR-Kultbands, etwa Klaus Lenz oder der Horst-Krüger-Band. Natürlich ist Doc Buhse selbst auch Sammler: „Immer wenn’s schwierig wurde, schrumpfte meine Sammlung, denn ich habe die eine oder andere Scheibe verkauft.“ Am liebsten hört er Progressive-Rock von King Crimson, Pink Floyd und Led Zeppelin, aber auch Gitarrenrock von Wishbone Ash und Country.

Der Trend gehe, so Buhse, definitiv zur Schallplatte. „Schon seit 2015 verkaufen wir deutlich mehr Vinyl und als CDs.“ Dafür gebe es objektive Gründe, denn der Klang einer Platte sei einfach besser. Viel mache natürlich gute Technik, wobei aus Sicht des Musikexperten zwei Analogboxen für den Stereo-Sound völlig ausreichten. Und dann ist da noch der ästhetische Aspekt: „Ein Cover 30 mal 30 Zentimeter gibt einfach vielmehr her.“ Die Scheiben kosten bei Coaast zwischen zwei und 40 Euro. Pink Floyd und Led Zeppelin sind, je nach Pressung, nicht unter 20 Euro zu haben. Eine High-End-Platten-Waschmaschine hat der Doc nicht; eine Frischekur mit Fitwasser tue es nämlich auch.

Als zweites Geschäftsfeld begann Andreas Buhse im Jahr 2005 Rockmusik-Veranstaltungen aufzuziehen: „Rauch auf dem Wasser“ zum Beispiel, das Open Air am Meer ist zur Warnemünder Woche ein Dauerbrenner, genau wie die Hanse Sail Rock nur wenige Wochen später. Beides kleinere Gigs, die seit 2013 durch größere Inszenierungen, wie die „Stephan-Jantzen-Suite“, ergänzt wurden. Und da kommt Knut Linke wieder ins Spiel. Er ist oft im Schallplattencafé. Schließlich habe der Doc maßgeblichen Anteil daran gehabt, dass er die Agentur Kulturmeer überhaupt gegründet hat. Erstes gemeinsames Projekt war 2009 „Vom Fischer un sin Fru“, ein modernes Märchen, inszeniert als Rocksuite mit Ola Van Sander. Seither arbeite man eng zusammen und habe in den Jahren schon so einiges bewegt: „Hier beim Doc treffen sich Leute, die genauso tickten wie ich. Für mich ein Ort zum Wohlfühlen“, bekennt Knut Linke.

Seit 2007 geht auch der Musiker Olaf Hobrlant im Coaast Schallplattencafé ein und aus. Genau wie Linke schätzt er die „gleiche Wellenlänge“ in den „Visionärsversammlungen“. Einmal pro Woche  kommt er zum Kaffeeschnack. „Man tauscht sich aus, macht Pläne und so sind Freundschaften entstanden“, sagt Hobrlant. Höhepunkt für ihn war das Gänsehaut-Benefizkonzert mit heimischen Künstlern für den schwer erkrankten Doc Buhse im April 2015: „Das hat gezeigt, welchen Stellenwert er für uns alle hat.“ Danach hätten sich die Künstler miteinander arrangiert. Statt Konkurrenz war ein Gemeinschaftsgefühl spürbar: „Das verbinde ich mit diesem Schallplattencafé.“

Auch Promis waren schon da: Jürgen von der Lippe, Udo Lindenberg, der Singer-Songwriter Kieran Goss, Falkenberg, Bernd Römer von Karat und, und, und. Jetzt nähert sich Doc Buhse auf die 65er-Marke. Er will weitermachen, solang es gesundheitlich und wirtschaftlich geht. Die Zeiten sind auch für ihn schwierig geworden, habe er doch in seinem 30-jährigen Geschäftsleben noch nie das Gefühl gehabt, dass es nicht mehr weitergeht. „Jetzt habe ich es zum ersten Mal, denn der Umsatz ist merklich zurückgegangen.“ Aufgeben will er dennoch nicht, denn schließlich sei er ein sehr optimistischer Mensch.

Das Coaast Schallplattencafé unterhalb des Warnemünder Leuchtturms ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Montag ist Ruhetag.


| | | |

Kommentieren Sie den Artikel

Name
E-Mail
(wird nicht veröffentlicht)
Kommentar
Sicherheitscode

Ich willige ein, dass DER WARNEMÜNDER die von mir überreichten Informationen und Kontaktdaten dazu verwendet um mit mir anlässlich meiner Kontaktaufnahme in Verbindung zu treten, hierüber zu kommunizieren und meine Anfrage abzuwickeln. Dies gilt insbesondere für die Verwendung der E-Mail-Adresse zum vorgenannten Zweck. Die Datenschutzerklärung kann hier eingesehen werden.*


|