Beste Reise des Lebens: In 46 Tagen auf 10.221 Kilometern 99 Leuchtfeuer in Skandinavien


21. August 2025

Wenn André Kroboth als Kind in seinem Bett im Haus der heutigen Klönstuv in der Warnemünder Seestraße lag, konnte er durch das Dachfenster den Leuchtturm sehen. Das hat ihn fasziniert. „Ich habe einen Blitz einschlagen und alle Wettervarianten beobachten können“, erzählt der Enkel des bekannten DDR-Fischkochs Rudolph Kroboth begeistert. Später eröffnete er gemeinsam mit seiner Mutter Regina Kroboth die Klönstuv und führte sie, bis er sie verpachtete. Diese Kindheit mit dem Blick auf das Warnemünder Wahrzeichen hat ihn geprägt – er entwickelte eine tiefe Liebe zu Leuchttürmen.

Auch seine Wohnung ist mit Leuchttürmen dekoriert – auf Fotos, mit einem XXL-Exemplar auf einem Hocker sowie mit Kalendern und anderen Dingen. „In jedem Urlaub besuche ich Leuchttürme“, erzählt er. Selbst in Amerika war der Warnemünder schon entlang der Küste Floridas auf den Spuren von Leuchttürmen unterwegs.

Jetzt hat er gerade sein nächstes großes Abenteuer beendet: In 46 Tagen legte er 10.221 Kilometer mit seinem 26 Jahre alten Wohnmobil „Betzy“ zurück und erlebte einen unvergesslichen Urlaub. 100 Leuchttürme und Leuchtfeuer fanden den Weg in sein Tagebuch. „Es war die schönste Reise meines ganzen Lebens“, schwärmt der 49-Jährige. Auf einem Teil der Tour durch Skandinavien war sein Nachbar und Wikinger-Fan Kay mit dabei. André kennt alle Wehwehchen seiner alten „Wohnmobildame“. Er kann jedes Geräusch deuten und weiß, dass man einen Berg niemals schneller als mit 40 Stundenkilometern bezwingen darf. So steuerten die beiden Männer sowohl Leuchttürme als auch Wikingerziele an.

Es gab viele Besonderheiten: „Ein großes Highlight war Rubjerg Knude Fyr, der 2019 um 70 Meter ins Landesinnere versetzt wurde, damit er nicht in die Tiefe stürzt“, erzählt André. Manchmal sind es auch persönliche Gründe, warum ihm ein Leuchtturm so gefällt – etwa der Långe Jan auf der Insel Öland, der sehr schön gelegen ist. „Den mag ich auch, weil einer meiner zwei Brüder Jan heißt.“ Angefangen hatte die Tour jedoch in Schweden mit dem Smygehuk Fyr. Neben Leuchtfeuern und Leuchttürmen erlebte er noch viele faszinierende Naturwunder, wie die von Wind und Wellen geformten Raukar im Norden Gotlands. Eine dieser Felsformationen glich einer Frauengestalt mit Lippen und Nase. Einer der schönsten Leuchttürme Norwegens war für ihn der Andenes Fyr. „Das ist der nördlichste Punkt der Lofoten.“

Und immer wieder gab es Außergewöhnliches: „Wie der Anblick der vier Meter hohen, schiffsähnlich aufgestellten Monolithen bei Trelleborg. Sie könnten auch als Seezeichen gedient haben. Das war sehr beeindruckend.“ Manchmal griff der Leuchtturmfan zum Telefon, um seine Mutter anzurufen. „Mama, das ist hier so schön, das muss ich dir einfach zeigen“, sagte er und ließ sie per Handy an besonderen Momenten teilhaben. „Ich bin immer wieder begeistert, was André alles auf seinen Reisen entdeckt“, sagt Mutter Regina stolz und bestätigt, dass er mit seiner Leidenschaft für Leuchttürme die ganze Familie angesteckt hat.

Weil André so offen auf Menschen zuging, lernten die beiden unterwegs viele Leute kennen. Auf Öland trafen sie eine Frau, kamen ins Gespräch, luden sie zum Essen ein. Am nächsten Tag stellte sie ihnen einen Freund vor, der Runensteine lesen konnte. „Das war sehr interessant, wir standen teilweise mit offenem Mund da“, erzählt André Kroboth.

In Schweden war auch ein Besuch bei den ehemaligen Rostockern Andrea und Thomas geplant. Dort, nahe der Polargrenze, erlebten sie die besondere Mitternachtshelligkeit. Freund Thomas bereitete in einem achteckigen Holzverschlag auf einem speziellen Grill Burger aus Rentierfleisch zu. „Die waren so genial – meine besten Burger ever“, gesteht der Genussmensch. Später gab es noch frischen Hecht, den Kay und Thomas geangelt hatten und den Thomas ganz simpel in einer großen Pfanne zubereitete. „Das war der Beweis, dass auch einfache Küche ganz großes Gaumenkino sein kann.“

Dann ging die Leuchtturm-Sammelreise weiter. Dicht an der russischen Grenze kaufte André in einer samischen Messerschmiede hochwertige Messer, ließ sie gravieren und schenkte sie seinen Brüdern Jan und René. Am Olderfjord entdeckten die beiden einen Hansa-Aufkleber auf einem Schild, das darauf hinwies, dass der Tunnel dort 212 Meter unter dem Meeresspiegel liegt und zum Nordkap führt. Auf dem Weg sahen sie zahlreiche Rentiere gemütlich über die Straße ziehen – darunter auch ein Albino. Auch Elche mit ihren Kälbern begegneten den beiden Abenteurern. Bei einer Bootsexpedition konnten sie zudem eine ganze Orca-Familie beobachten. „Unser Tourguide beruhigte uns: Wir stehen nicht auf ihrem Speiseplan. Aber das Erlebnis war Gänsehaut pur.“ Die Mutter-Orca war neun Meter lang, ihre Rückenflosse ragte 1,50 Meter aus dem Wasser.

Zu den weiteren Erlebnissen zählten der Besuch der Eismeerkathedrale in Tromsø, ein Abstecher in die finnische Weihnachtsmannstadt Rovaniemi, wo das ganze Jahr über ein Weihnachtsmann sitzt und Kinderwünsche eintreffen, sowie natürlich das Erinnerungsfoto am Nordkap. In die Bilanz dieser besonderen Reise flossen auch Begegnungen mit alten Bekannten und neuen Freunden ein: etwa mit dem jungen Tiefseeforscher Christian aus Bergen („Regenhauptstadt“ Norwegens), wo es ausnahmsweise trocken war, als André ankam; oder mit Knut aus Kristiansand, der stolz sein selbstgebautes Haus zeigte, Kaffee kochte und Fotos gestattete. Auch die Warnemünderin Rita kreuzte zweimal ihren Weg, und den ehemaligen Warnemünder Dustin besuchten sie ebenfalls.

Irgendwann reiste Kay zurück, und André setzte die letzte Etappe allein mit „Betzy“ fort. Der 100. Leuchtturm wurde schließlich in Warnemünde ins Tagebuch aufgenommen. „Im Verein bin ich Mitglied mit der Nummer 99. Ich habe dem Verein auch zwei Poster von skandinavischen Leuchttürmen mitgebracht und ehrlich gesagt fühle ich mich ein bisschen wie ein selbst ernannter Leuchtturmbotschafter von Warnemünde“, verrät er schmunzelnd.

Doch damit ist noch lange nicht Schluss: Anfang September wird „Betzy“ erneut starten – diesmal begleitet von Mutter Regina. Es ist ihr Geburtstagsgeschenk. Ziel sind die Normandie und die Bretagne – und die nächsten Leuchttürme warten schon.

Maria Pistor


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