Auch das noch: Land spricht Baustopp für die Strandoase aus


11. März 2021

Als Strandunternehmer Matthias Treichel am vergangenen Freitag das Anschreiben des Staatlichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg (StALUMM) erreichte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. So, wie in den Jahren zuvor hatte er am 1. März mit dem Aufbau seiner „Strandoase“ am Aufgang 4 in Warnemünde begonnen. Geregelt ist das in einem Nutzungsvertrag mit der Tourismuszentrale. Das StALUMM sieht das anders und hat den Aufbau der allseits beliebten Strand Location mit sofortiger Wirkung gestoppt. Das dem Umweltministerium von Till Backhaus unterstellte Amt ordnete darüber hinaus den Rückbau an und drohte bei Zuwiderhandlung mit einem Strafgeld in Höhe von 25.000 Euro.

Um für das Ostergeschäft gerüstet zu sein wurde die Strandoase seit 2014 immer ab dem 1. März aufgebaut – anfangs noch als Zeltlandschaft, dann vor drei Jahren ersetzt durch einen modernen Pavillon. Das zeitgemäße Konzept passt an den breiten Strand von Warnemünde und hat unter Einheimischen wie Gästen zahlreiche Fans. Noch dazu tut sich die Strandoase in Sachen Barrierefreiheit hervor. Neben einfach befahrbaren Strandkorbzugängen, Rollstuhlrampen und Behinderten-WC sind hier sogar Baderollstühle im Angebot.

Das Aufbauverbot begründet das Amt mit dem Fehlen einer Baugenehmigung. Außerdem müssten alle Bauten, die in einem Abstand von bis zu 200 Metern von der Mittelwasserlinie am Strand errichtet werden sollen, bei der zuständigen Wasserbehörde, dem StALUMM angezeigt werden. Beides läge jedoch nicht vor.

Also ein Schwarzbau in exponierter Lage, über dessen Fortschritt sich jedermann zu jeder Zeit per Webcam informieren kann? Ganz sicher nicht! Eine Baugenehmigung kann nicht vorliegen, denn dazu fehlt noch immer der dazugehörige Bebauungsplan (B-Plan) für den Geltungsbereich Strand. Als „Testballon“ hatte Treichel schon vor Jahren einen Bauantrag für die Errichtung einer festen Strandoase eingereicht. Dieser wurde mit Verweis auf den ausstehenden B-Plan jedoch nie bearbeitet. Auch war die fehlende Baugenehmigung in den vergangenen Jahren bislang nie ein Thema: „Bis zur bevorstehenden B-Plan-Satzung wurden die Strandbauten bauordnungsrechtlich bisher befristet geduldet“, informierte Stadtsprecher Ulrich Kunze. Er kündigte zudem an, dass die aktuelle Sachlage sehr genau geprüft würde: „Es ist anzunehmen, dass das Thema Verwaltung und Kommunalpolitik sicher noch beschäftigen wird.“

Im Zusammenhang mit der Causa „Strandoase“ hatte die Naturschutzbehörde gleich noch eine weitere Baustelle aufgerissen: So wurde die sogenannte „fließende“ Saison vom ersten Tag der Frühjahrsferien in einem deutschen Bundesland bis zum letzten Tag der Herbstferien ebenda wieder zurückgenommen. Begründet mit einem Erlass des zuständigen Ministeriums in Schwerin. Danach sei das Aufstellen von Strandkörben und Strandbewirtschaftungen künftig nur noch vom 1. April bis 15. Oktober möglich. Wie StALUMM-Chefin Ines Liefke erklärte könne am außerhalb dieses Zeitraums nur dann von der Regel abweichen, wenn der Aufsteller auch gewährleisten kann, dass bei einer Sturmflutwarnung alles unverzüglich wieder entfernt werden kann. Das gilt für alle Strandunternehmer in Mecklenburg-Vorpommern und konterkariert jegliche Bemühungen um saisonverlängernde Maßnahmen auch im Ostseebad Warnemünde. Die Tourismuszentrale bedauert die Entscheidung seitens des Amtes daher sehr: „Die erweiterten Saisonzeiten leisten einen entscheidenden Beitrag zur positiven touristischen Entwicklung im Seebad Warnemünde und führten bislang zu keinen Beeinträchtigungen des Küstenschutzes“, heißt es in einer Stellungnahme von Tourismusdirektor Matthias Fromm. Auch sei man sich der großen Verantwortung gegenüber dem Natur- und Küstenschutz stets bewusst und hoffe in gemeinsamen Gesprächen auf eine einvernehmliche Lösung, um Gästen und Einheimischen in diesem Jahr erneut einen abwechslungsreichen Strandaufenthalt bieten zu können. „Als wichtiger Wirtschaftsfaktor schafft der Tourismus Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Region und sollte – gerade in für viele Partner wirtschaftlich schwierigen Zeiten – weiter gefördert werden.“

Passend zum Thema stellte der Leiter des Rostocker Stadtplanungsamtes, Ralph Müller, in der Ortsbeiratssitzung am Dienstag den Sachstand zum B-Plan Strand vor. Dieser entspricht dem vom August vergangenen Jahres: Etwa 80 Prozent aller Funktionen im Geltungsbereich Strand Warnemünde würden damit geregelt und strittige Themen, wie etwa Gastronomiestandorte in den Dünen oder am Strand, vorerst ausgeklammert. Damit gäbe es für einen großen Teil des Strandes Planungsrecht und alles Weitere müsse in Änderungsverfahren weiterdiskutiert werden. Der Amtsleiter hatte dazu schon im August ein Votum des Gremiums eingefordert, welches als Zustimmung zwar vorlag, durch den damaligen Vorsitzenden jedoch offenbar nicht weitergeleitet wurde.

Die Frage, wie es jetzt am Strandaufgang 4 weitergehen soll, beschäftigte somit zwangsläufig auch den Ortsbeirat. Tatsache sei, so Alexander Prechtel vom Warnemünder Strukturausschuss, dass die Strandoase seit 2014 toleriert werde. Das Problem habe sich seit 2014 rechtlich nicht verändert. Tatsache sei auch, dass für das laufende Jahr von der Tourismuszentrale eine Genehmigung „wie immer“ erteilt worden sei. „Sich ausgerechnet in Zeiten, in denen Unternehmer durch Corona gebeutelt sind, auf Gesetze zu berufen und zu sagen, es geht nicht, was sieben Jahre toleriert wurde, geht mir nicht in den Kopf“, schimpfte der Warnemünder. Auf eine Lösung bedacht bat er den Ortsbeirat, den Rostocker Oberbürgermeister zu beauftragen, ein Gespräch zwischen Amt, Stadtverwaltung und Unternehmer anzuberaumen. „Ziel sollte eine Interimslösung sein, die dem entspricht was in der Vergangenheit war. Die Entscheidung einfach so hinzunehmen sei nicht im Interesse des Unternehmers und kann auch nicht im Interesse Warnemündes sein“, so Prechtel unter Beifallsbekundungen. Seinem Vorschlag folgte das Gremium dann auch einstimmig.

Die Situation scheint verfahren, weshalb der Gedanke Prechtels der einzig richtige ist. Zielführend können nur Gespräche auf Augenhöhe sein. Auch und vor allem, weil Matthias Treichel längst ein Projekt für eine dem Küsten- und Gewässerschutz gerecht werdende neue Strandoase in der Schublade hat. Diese würde er gern mit allen zu beteiligenden Ämtern, so auch dem StALUMM, diskutieren.

Foto (Archiv): Taslair


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Jaro - 13.03.2021 um 00:01 Uhr
Wie lächerlich.... Willkommen in der Welt der Bürokratie und Sesselpupsern.
Warnemünde - 11.03.2021 um 17:12 Uhr
Schön wäre es wenn das StALUMM auch den Fall des im LSG gebauten „Schwarzbaus“ Warnemünde/ Diedrichshagen der auch angesprochen wurde, genauso streng ahnden würde. Oder bestehen dort andere Netzwerke?
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