Warnemünde nahm Abschied von der „Vormann Jantzen“


04. Oktober 2021

„Es ist ein bisschen so, als wenn man sich von einem guten Freund verabschiedet und nicht weiß, wann und wo man ihn wiedertrifft“, beschrieb Jörg Westphal, Leiter des Seenotretter-Infozentrums in Warnemünde seine Gefühle, als es gestern hieß Abschied zu nehmen. Abschied vom Seenotrettungskreuzer Vormann Jantzen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), die gestern Nachmittag zum letzten Mal aus Warnemünde in See stach und sich auf den Weg in Richtung Westen machte. Das Schiff war seit November 1990 sieben Jahre lang in Warnemünde stationiert und dann von Darßer Ort aus und später als Springer ohne feste Station im Einsatz. Nach 31 Jahren im Dienst der DGzRS-Flotte wird die Vormann Jantzen außer Dienst gestellt.

Mit der Wiedervereinigung 1990 übernahm die DGzRS wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern. Größter Gewinn waren die hochmotivierten Besatzungen mit ihrer Erfahrung, Revierkenntnis und der Einstellung zu ihrer Aufgabe, die sich kein bisschen von der ihrer Kollegen im Westen unterschied. Nach wie vor gab es unter ihnen Familien, die seit vielen Generationen Seenotretter stellten.

Mit der Stationierung der Vormann Jantzen erhielt die Station Warnemünde ein hochmodernes Rettungsfahrzeug. Bewusst erhielt der Neubau den Namen des legendären Warnemünder Lotsenkommandeurs: Stephan Jantzen hatte von 1867 bis 1903 mit seiner Freiwilligen-Mannschaft rund 80 Menschen das Leben gerettet.

Obwohl die DDR den Seenotrettungsdienst staatlich organisiert hatte, waren auch zwischen Poel und Ueckermünde weiterhin überwiegend Freiwillige im Einsatz. Bei aller Ähnlichkeit stellten sich den wiedervereinigten Seenotrettern sogleich außerordentliche Herausforderungen: Die veraltete Technik aus DDR-Zeiten war der neuen Zeit mit dem zunehmenden Seeverkehr nicht gewachsen. Für Vormann Wolfgang Rätzer war deshalb die Taufe seines Seenotrettungskreuzers Vormann Jantzen zur Wendezeit eine Zeitenwende. Mit so einem schnellen Schiff war er noch nie zuvor unterwegs.

1997 wurde die Vormann Jantzen durch die Theo Fischer in Warnemünde abgelöst und nach Darßer Ort verlegt. Die Station Darßer Ort war nun erstmals rund um die Uhr mit einer hauptamtlichen Crew besetzt. Ab 2003 wurde die Vormann Jantzen zum Springer und immer dort eingesetzt, wo andere Rettungseinheiten vertreten werden mussten. Diese Aufgabe übernimmt jetzt die Theo Fischer.

Die Vormann Jantzen ist der letzte Seenotrettungskreuzer der 23,3-Meter-Klasse, von der zwischen 1980 und 1991 sieben Schiffe gebaut wurden. Bei nur zwei Metern Tiefgang verdrängt das Schiff 66 Tonnen und erreicht bei knapp 2.000 PS eine Geschwindigkeit von 20 Knoten (ca. 37 km/h). Der Seenotrettungskreuzer wurde am 27. November 1990 in Warnemünde von Anja Rätzer, Tochter des 1. Vormanns Wolfgang Rätzer, getauft. Am selben Tag und Ort wurde das Tochterboot von Matthias Brehm, dem Sohn eines Warnemünder Seenotretters, auf den Namen Butscher getauft. Im mecklenburgischen Platt bezeichnet dies einen pfiffigen Jungen.

In drei Jahrzehnten fuhr die Besatzung der Vormann Jantzen ungezählte Einsätze und rettete zahlreichen Menschen das Leben.

Durchschnittlich 30 Jahre sind die Rettungseinheiten der DGzRS im harten Einsatz auf Nord- und Ostsee. Die Vormann Jantzen wird jetzt bis zu ihrem Verkauf in einer Werft in Wilhelmshaven an der Nordsee aufliegen. Außer Dienst gestellte Seenotrettungskreuzer sind anschließend oft bei anderen SAR-Diensten im Ausland im Einsatz.


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