Treibbojen blicken ins Innere sich wandelnder Meere


31. Januar 2022

Zwei Drittel der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Während Satelliten die Ozeanoberflächen gut im Blick haben, bleiben ihnen Untersuchungen in der Meerestiefe verwehrt. Mittels automatisierter Treibbojen, sogenannter Argo-Floats, ist dies mittlerweile jedoch möglich.

Nach dem Ausbringen sinken die Floats auf 1000 Meter Wassertiefe ab und driften dort mit der Strömung. Alle zehn Tage tauchen sie weiter ab auf eine Tiefe von 2000 Metern, um dann langsam zur Wasseroberfläche aufzusteigen. Auf dem Weg nach oben messen sie kontinuierlich – beispielsweise Temperatur und den Salzgehalt des Wassers. Per Satellit werden die Daten nach dem Auftauchen übertragen und nahezu in Echtzeit veröffentlicht. Die Argo-Floats sinken wieder ab und driften weiter.

Auf diese Weise trug eine erste Argo-Float-Generation dazu bei, weltweite Klimamodellierungen und regionale Wettervorhersagen zu verbessern. Jetzt konnte ein deutscher Forschungsverbund, zu dem auch das Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) gehört, das Blickfeld der Treibbojen erweitern. Neue Sensoren erfassen Überdüngung, Trübung und Versauerung der Meere.

Die IOW-Forscher testeten dabei neuartige optische Sensoren zur Messung des Pflanzennährstoffs Nitrat – einem wichtigen Indikator für Überdüngung von Gewässern. Damit etablierten sie erstmals in der Ostsee einen deutschen Beitrag zu den weltweiten Argo-Beobachtungen: „Das Besondere an den Argo Floats ist – neben der Dreidimensionalität der Messungen – die wirklich kontinuierliche und ganzjährige Messaktivität – bei schlechtem Wetter, Sturm und Hagel genauso wie bei strahlendem Sonnenschein“, hebt der Meereschemiker Henry Bittig hervor. Kein Forschungsschiff sei in der Lage, mit derart großer zeitlicher und räumlicher Abdeckung und so hoher Regelmäßigkeit Messdaten zu erheben.

Die Integration neuer Messsysteme in die Argo Floats sei an sich schon eine Herausforderung, mit der sich alle an dem Forschungsverbund beteiligten Institutionen intensiv auseinandersetzen mussten. „Bei unserem System kommt noch hinzu, dass das Ostseewasser einen hohen Gelbstoff-Anteil und damit ganz spezielle optische Bedingungen hat, wie sie eigentlich nur in großen Ozeantiefen vorkommen. Das wirkt sich natürlich auch auf optische Methoden wie unsere zur Nitrat-Messung aus und erfordert besondere Aufmerksamkeit“, führt Bittig weiter aus.

In vielen Forschungsfragen des IOW seien, neben der Meeresphysik vor allem die chemisch-biologischen Prozesse von großer Bedeutung. Zusammen mit Sauerstoff- und Chlorophyllmessungen, die jetzt ebenfalls von den Argo-Floats durchgeführt wurden, konnte ein besonders vielversprechender Datensatz zur Produktivität und zum Abbau von Phytoplankton-Biomasse in der zentralen Ostsee generiert werden. Die Auswertung dauert noch an.

Foto: IOW / M. Naumann


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