Steht der Zwiebelschuppen kurz vor dem Abriss?


14. Januar 2016

Wie schon im Dezember angekündigt, kam das Thema Zwiebelschuppen im Januar erneut auf die Tagesordnung der Ortsbeiratssitzung. Ende letzten Jahres hatte Jens A. Scharner, Geschäftsführer der Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock, Hero, in dieser Runde die aktuellen Pläne zur weiteren Entwicklung des Kreuzfahrthafens vorgestellt. Bittere Pille für die Warnemünder: Der Zwiebelschuppen soll weichen. Er steht bei der Optimierung von Infrastruktur, Verkehrssicherung und Abfertigung schlicht im Weg. Der Hero-Chef stellte außerdem klar, dass alle dafür notwenigen Genehmigungen, einschließlich die der zuständigen Denkmalbehörden, bereits vorlägen. Von Beginn an war klar, dass die Reaktion der Warnemünder heftig ausfallen würde und so erklärte sich  Scharner bereit, auch das Versetzen des Gebäudes innerhalb des Areals Mittelmole prüfen zu lassen.

Die Prüfung ist jetzt erfolgt – mit niederschmetterndem Ergebnis für die Warnemünder. Trotz mehrerer Anfragen, etwa bei der städtischen Wohnungsgesellschaft Wiro, der Kommunalen Objektbewirtschaftung oder bei Karls Erlebnis-Dorf konnte kein Interessent für den denkmalgeschützten ehemaligen Lagerschuppen, erbaut um 1903,  gefunden werden. Auch den Baukörper hält Jörg Heinze, Abteilungsleiter Hafenbau bei der Hero, für wenig erhaltenswert. „Von der alten Substanz ist nur noch wenig übrig. Zwei Drittel der Konstruktion – das Holz ist wurmstichig – müsste ohnehin erneuert werden, allenfalls ein paar alte Ziegelsteine bleiben am Ende übrig.“ Der gelernte Zimmermann informiert außerdem darüber, dass das Gebäude bereits vollständig dokumentiert wurde. „So hat es die Denkmalbehörde von uns gefordert.“ Eine Einlagerung der Gebäudeteile auf unbestimmte Zeit schließt der Hero-Mann aus. Denkbar ist für ihn allenfalls, die Fassadenoptik als Schmuckwand stehen zu lassen.

Die Leiterin des städtischen Denkmalamtes, Dr. Michaela Selling, möchte den Zwiebelschuppen „am liebsten auch erhalten“, hat sich aber „schweren Herzens dazu entschieden, dem Abriss zuzustimmen.“ Sie sieht die Ambivalenz in den Kapazitätsengpässen am Terminal einerseits und der Freude über die vielen Gäste andererseits. „Bei dem während der Saison fast täglich herrschenden Verkehrschaos ist es ein Wunder, dass bisher nichts passiert ist. Wir haben jetzt die wunderbare Möglichkeit, den Kreuzfahrthafen zu entwickeln.“ Die Amtsleiterin verweist außerdem darauf, dass der Denkmalschutz nach einem Versetzen des Gebäudes wegfällt.

In das etwa gleiche Horn bläst auch Dr. Michael Bednorz, Leiter der oberen Denkmalbehörde in Schwerin. Eineinhalb Jahre hat sich das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege mit dem Thema befasst. Bednorz erklärt, dass letztlich die fachliche Stellungnahme zu seiner Entscheidung führte. Danach bestimmen Originalsubstanz und Funktion ein Denkmal. Bei einer Immobilie ist die Funktion an den Ort gebunden und beim Rückbau ginge viel Originalsubstanz verloren. „Unser Vorschlag war ursprünglich, das Gebäude in das Konzept des Kreuzfahrthafens einzubeziehen. Ein Jahr später aber legte uns die Hero Unterlagen vor, wonach der Platz in keinem Fall ausreichen würde und dass der Zwiebelschuppen nicht zu halten sei. Das war für uns nachvollziehbar und wir haben dem Abriss zugestimmt.“

Die Warnemünder reagieren verärgert und bringen ihrerseits Argumente ein: „Mir geht es nicht darum, den Zwiebelschuppen als Einzeldenkmal zu positionieren, sondern den Geist des Ortes zu erhalten. Der alte Lagerschuppen könnte auf der Mittelmole überall stehen und stellt sogar eine Bereicherung dar“, sagt etwa der Architekt Enno Zeug. In den Struktur-, Umwelt und Wirtschaftsausschüssen wurde das Thema konträr diskutiert. Auf der einen Seite steht der Wunsch, das Denkmal zu erhalten und auf der anderen das Verständnis für den Platzmangel an der Pier. Auch Alternativstandorte, wie an der Achse Bahnhof-Stellwerk oder Bahnhof-ehemalige Bahnarbeiterhäuser werden aufgemacht. „Möglicherweise könnte der Schuppen als gefordertes Stadtteilbegegnungszentrum auf der Mittelmole dienen“, wirft Dr. Werner Fischer vom Strukturausschuss ein. Matthias Ehlers empfiehlt dringend die Demontage und den Wiederaufbau an anderer Stelle: „Das hat sogar die DDR hinbekommen.“ Auch der Warnemünder Uwe Jahnke zeigt sich empört über die Abrisspläne und plädiert dafür, das Gebäude an Ort und Stelle zu belassen: „Wir müssen das alte Warnemünde, so wie es die Touristen sehen wollen, unbedingt erhalten.“ Logistikprobleme sieht er vor allem als hausgemacht: „Ich kenne weltweit viele Kreuzfahrthäfen, doch nirgends herrscht so ein Chaos wie in Warnemünde.“ Für Hansi Richert vom Warnemünde Verein stellt sich in Bezug auf die jüngsten Geschehnisse im Ostseebad die Frage „Wo ist der Anfang und wo das Ende. Sind als nächstes das Stellwerk, der Lokschuppen oder vielleicht der Seenotretter-Schuppen dran?“ Für ihn kommt ebenfalls nur ein Erhalt des Gebäudes in Frage.

Abschließend sollte der Ortsbeirat über die beiden Varianten – Abbruch und Dokumentation bzw. Rückbau, Einlagerung und Wiederaufbau – befinden. Für keinen der beiden Vorschläge fand sich schließlich eine Mehrheit. Auswirkungen auf die Planungen der Hero hat das alles offenbar nicht: „Wir erwarten nun die Baugenehmigung für den Abbruch des Zwiebelschuppens vom Bauamt der Hansestadt Rostock“, sagt Christian Hardt, verantwortlich für Kreuzschifffahrt bei der Hero.


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Heinrich - 18.01.2016 um 09:03 Uhr
Diesen Beitrag so lesen zu müssen, stimmt uns sehr traurig. "Was ist aus unserem Warnemünde geworden?", sagt unsere inzwischen 91-jährige Mutter, wenn wir ihr davon berichten. Und, "Warnemünde ist schon lange nicht mehr, was es einmal war!" Schade!
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