Rauswurf nach 19 Jahren Ortsbeirat: CDU plant in Warnemünde ohne Prechtel


16. Oktober 2019

Schon seit langem wird in Warnemünde gemunkelt, was Bürgerschaftsmitglied Sybille Bachmann schließlich sogar öffentlich vermutete und jetzt Tatsache ist: Die Rostocker CDU-Fraktion tauscht ihre Ortsbeiratsvertreter für Warnemünde komplett aus. „Die Fraktion hat sich nahezu einstimmig für zwei junge motivierte Frauen aus Warnemünde entschieden, die sich im Ortsbeirat engagieren wollen. Mit Franziska Richert und Dominic Schmidt wird auch ein Generationswechsel eingeleitet, der es jungen Menschen ermöglicht, sich für ihren Ortsteil und ihre Stadt einzubringen“,  heißt es dazu in der offiziellen Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden Daniel Peters. Die CDU/UFR-Fraktion und auch die Rostocker CDU danken den bisherigen Mitgliedern Dieter Neßelmann, Mathias Stagat und insbesondere dem langjährigen Vorsitzenden des Ortsbeirates Alexander Prechtel für die kontinuierliche Arbeit und das Engagement im Sinne vieler Warnemünder. Selbstverständlich setze man auch weiterhin auf ihre Erfahrungen und ihren Rat.

Nach 19 Jahren im Ehrenamt geht damit auch die Ortsbeirats-Karriere des Alexander Prechtel zu Ende. Genau wie Mathias Stagat muss er gehen. Und das Wie geht deutlich unter die Gürtellinie: „Mich ärgert am meisten, dass ich im Vorfeld nicht informiert worden bin. Nach jahrelanger Sacharbeit für Warnemünde werden wir einfach rausgeschmissen, so geht man einfach nicht mit Menschen um“, so Prechtel, der das Gremium mit hohem Arbeitspensum immerhin 15 Jahre lang leitete. Für ihn ist diese Verfahrensweise sogar parteischädigend, denn Mitglieder anderer Fraktionen wussten früher Bescheid, als die Betroffenen selbst. Hinzu komme, dass sich im Stadtbezirksverband Nordwest-Warnemünde bis auf wenige Ausnahmen nahezu alle CDU-Vertreter für Prechtel ausgesprochen hatten. 

Das Argument für den anberaumten Personalwechsel, es handele sich gleichzeitig um einen Generationswechsel, lässt der Warnemünder nicht gelten: „Mathias Stagat ist 45 Jahre alt, arbeitet erst seit drei Jahren im Ortsbeirat mit und ich wollte ihn als meinen Vertreter aufbauen.“ Vielmehr vermutet Prechtel, dass er für die Fraktion schlichtweg zu unbequem geworden ist: „Die Rostocker CDU steht für die Bebauung der Mittelmole, ein Parkhaus unter den Dünen und die Bebauung des Landschaftsschutzgebietes Diedrichshagen – alles Dinge die Warnemünde und der Ortsbeirat nicht wollen.“

Das Unbehagen in Warnemünde ob der Personalentscheidung wächst. Es mehrt sich die Ansicht, dass was für den Ort gut sein soll, künftig durch die Fraktion der Bürgerschaft diktiert wird. Der Warnemünde Verein positioniert sich als erster öffentlich zur umstrittenen Neubesetzung des Ortsbeirates: „In den letzten Jahren hat der Ortsbeirat mit Alexander Prechtel, Mathias Stagat und Dieter Neßelmann Maßstäbe für unseren Ort gesetzt. Die überparteilichen Entscheidungen und Beschlüsse hatten immer wieder vorrangig die Entwicklung Warnemündes im Blickpunkt. Diese Entscheidungen fanden oftmals nicht den Beifall der Rostocker Bürgerschaft und deren Ausschüssen“, heißt es in der Stellungnahme. Immer wieder werde bestätigt, dass die öffentlichen Ortsbeiratssitzungen in einer hohen Qualität mit hoher Fachkompetenz und auch Hintergrundwissen durchgeführt worden sind. Eindrucksvoll belegt wird das durch das große Interesse und die aktive Beteiligung der Bewohner die beispielgebend für ganz Rostock ist. „Die besondere Einbeziehung der Vereine zu anstehenden Themen und auch Problemfeldern des Ortes sind Ausdruck guter Information und Entscheidungsfindung. Wir als Vorstand des Warnemünde Vereins wünschen uns auch für die nächsten Jahre, dass mit den agierenden Personen des jetzigen Ortsbeirates eine kontinuierliche und fachgerechte Arbeit fortgesetzt werden kann. Jegliche Personaldiskussion für die Besetzung des neu zu bestätigten Ortsbeirates ohne die jetzt agierenden Mitglieder Alexander Prechtel und Mathias Stagat ist aus unserer Sicht eine parteipolitische Entscheidung, die gegen die Meinung vieler aktiver Warnemünder Bürger und auch Vereine gerichtet ist. Die Politikverdrossenheit der Menschen sollte gerade in der heutigen Zeit nicht unterschätzt werden. Für uns geht es nicht um Parteipolitik, sondern um eine weitere fachkompetente, kritische und verträgliche Entwicklung für Warnemünde und seine Bewohner.“ Man werde abwarten, wie der neue Ortsbeirat die anstehenden Warnemünde-Probleme angeht und dann entscheiden, ob eine aktive Mitarbeit des Vereins in den öffentlichen Ortsbeiratssitzungen weitergeführt werden kann.

Auch Leuchtturmchef Klaus Möller äußert sich als Warnemünder Bürger und versteht die Welt nicht mehr: „Alexander Prechtel hat sehr viel für Warnemünde getan. Er ist nicht immer unumstritten, doch das gehört dazu. Die Fach- und Sachkompetenz eines Alexander Prechtel müssen sich andere erst erarbeiten.“

Die Fußstapfen, in die Franziska Richert und Dominic Schmidt treten sollen sind gewaltig. Beide verfügen über keinerlei Erfahrung mit dem Ortsbeirat Warnemünde.

Voraussichtlich zum letzten Mal wird die Ortsbeiratssitzung am 12. November durch den langjährigen Vorsitzenden Alexander Prechtel geleitet.

    

Nachtrag vom 18. Oktober 2019

CDU schadet den Warnemündern, der Demokratie und sich selbst

Zur umstrittenen Neubesetzung des Warnemünder Ortsbeirat äußert sich auch Sybille Bachmann, Mitglied der Rostocker Bürgerschaft, durchweg kritisch: „Mit der Entsorgung ihrer bisherigen Ortsbeiratsmitglieder in Warnemünde, einschließlich des seit vielen Jahren breit anerkannten und hoch engagierten Vorsitzenden, schadet die CDU-Fraktion den Warnemündern, weil die sich nicht ernst genommen sehen und erkennen müssen, dass Partei- vor Bürgerinteressen gestellt werden, der Demokratie, weil das Votum des CDU-Ortsverbandes missachtet wurde und jedem deutlich wird, dass kritische Haltungen unerwünscht sind und letztlich sich selbst, weil dieses Vorgehen langfristig im Gedächtnis bleibt und den neu entsandten Mitgliedern damit eine Bürde auferlegt wird, die sie kaum (er)tragen können“.

Die erfahrene Kommunalpolitikerin ist zudem überzeugt davon, dass der neue Oberbürgermeister, Claus Ruhe Madsen, mit diesen Spielchen rein gar nichts zu tun hat. Das sei allein eine Entscheidung der neuen Fraktion, die seit langem vorbereitet und auch angekündigt war. Mit den Betroffenen wurde hingegen nicht gesprochen. „Das ist mehr als stillos!“ Die Kräfteverhältnisse innerhalb des Beirats hätten sich mit der Umbesetzung gleichwohl nicht verändert. Beim Ortsbeirat gehe es zudem noch immer um Sacharbeit auf lokaler Ebene anstelle von Parteipolitik.

„Wir dürfen gespannt bleiben, wem die CDU es nun zutraut, den hoch komplizierten Ortsbeirat so zu leiten, dass die unterschiedlichen Interessen zwar zu Wort kommen, sich aber nicht in unendlichen Debatten ohne Ergebnis verlieren. Der Vorsitz wäre an die CDU gegangen, ob das so bleibt, ist nun offen, denn: Den Vorsitz sollte ein gestandenes Mitglied übernehmen, gerade in Warnemünde. Wer anderes durchdrücken will, trifft nicht auf Gegenliebe“, so Bachmann weiter. Mit Blick auf die Landtagswahl 2021 wäre auch das keine gute Idee.

Foto: Archiv


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UWS - 19.10.2019 um 23:06 Uhr
......ein Schlag in das Gesicht der Demokratie.
.......und die Volksparteien, allen voran die CDU, wundern sich über niedrige Wahlbeteiligungen, Verdrossenheit von Wählern, Stärke der AFD usw. Wir erleben hier mit ein trauriges Schauspiel von Politik-Dilettanten. Das hat Warnemünde nicht verdient.
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