Ortsbeirat lehnt Wohnen im Landschaftsschutzgebiet ab


13. August 2015

Vögel zwitschern, eine leichte Brise geht über das Land und die Ostsee ist nur wenige hundert Meter entfernt – das beschriebene Idyll ist Teil des 60 Jahre alten Landschaftsschutzgebietes (LSG) Diedrichshäger Land, zu DDR-Zeiten LSG Kühlung genannt, einer für unsere Region typischen grünen Lunge mit viel Erholungspotenzial für Städter und Urlaubsgäste. Das Areal wird im Süden durch den Golfplatz samt neuem Wohngebiet, im Norden durch eine Fotovoltaik-Anlage nebst dahinter liegendem Küstenwald und im Osten durch den Ort Diedrichshagen begrenzt. Im städtischen Flächennutzungsplan ist der Bereich, weil Schutzgebiet, (noch) nicht dargestellt.

Geht es nach dem Willen des Engel & Völkers-Geschäftsführers, Jens Gienapp,  ist es hier bald vorbei mit dem Landschaftsschutz. Seine Ostsee-Golf-Resort Entwicklungs GmbH ist Eigentümerin einer 35 Hektar großen Ackerfläche innerhalb des LSG, die der Immobilienfachmann möglichst bald als Bauland umwidmen lassen will. Gemeinsam mit dem kommunalen Wohnungsunternehmen Wiro möchte er am Westende des Stolteraer Wegs nämlich einen weiteren Wohnpark entwickeln.

Offenbar wurden auch im politischen Raum schon Begehrlichkeiten für das Projekt geweckt, denn Bürgerschaftsmitglied Dr. Malte Philipp stellte für die Fraktionen UFR und FDP bereits einen Prüfauftrag zur Änderung des städtischen Flächennutzungsplans. In der Begründung heißt es, dass sich die Stadt Rostock auf einen erhöhten Bedarf an attraktiven Wohnmöglichkeiten einstellt. Eine Ergänzung dazu kommt noch von Dr. Steffen Wandschneider, SPD-Fraktion, der außerdem abklären lassen möchte, ob in „geeigneten Lagen auch der maßvolle Geschosswohnungsbau“ möglich sei.

Der Warnemünder Ortsbeirat sollte in seiner letzten Sitzung am Dienstagabend Stellung zu Prüf- und Ergänzungsantrag beziehen. Dazu präsentierte Gienapp, unterstützt durch Dr. Ulrich Seidel und Dr. Ulrich Giersberg, beide FDP, sein Projekt „Wohnpark an der Stoltera“. Er warb mit der Errichtung von maximal 150 Häusern, Grundstückpreisen von unter 200 Euro pro Quadratmeter und zog sogar sozialverträglichen Wiro-Mietwohnungsbau in Betracht. „Wir sind gemeinsam mit der Wiro der Überzeugung, dass die Entwicklung dieser Flächen zu einer wesentlichen Entspannung des Warnemünder Wohnungsmarktes beitragen wird.“ Der Investor ist sich darüber im Klaren, dass die Flächen ein hohes umweltfachliches Konfliktpotenzial beinhalten und hat ein Gutachten „Raumwiderstände im potenziellen Wohnpark Stoltera“ erarbeiten lassen. Als Umweltsachverständiger fungierte der Biologe und Geschäftspartner Dr. Ulrich Giersberg, der Inhaber eines Büros für Ökologische Diagnostik ist. In seinem Gutachten stuft er den betreffenden Bereich als wenig schützenswert ein.

Für Rostockers Stadtplaner Ralph Müller erschließt sich der Bedarf an zusätzlichen Wohnstandorten nicht: „Aktuell sind im Stadtgebiet von Rostock 4.500 Wohnungen und Flächen für 1.500 Einfamilienhäuser in Planung. Das entspricht einem Wohnangebot für etwa 10.000 Menschen. Zunächst gilt es zu klären, ob überhaupt ein darüber hinausgehender Bedarf da ist und dann gibt es wesentlich bessere Wohnstandorte, als mitten im Landschaftsschutzgebiet mit problematischer Erschließung.“ Auch der Strukturausschuss des Ortsbeirates stellt sich gegen die Pläne und hinterfragt das öffentliche Interesse an der Umwidmung. Der Ausschussvorsitzende Dr. Werner Fischer warnt vor der unwiderruflichen Zerstörung des Landschaftsschutzgebietes und einer voranschreitenden Versiegelung landwirtschaftlich genutzter Böden: „Boden ist nicht vermehrbar.“ Für den Grünen-Geschäftsführer und Bund für Umwelt und Natur-Mitstreiter Ulrich Söffker ist die ganze Idee ohnehin ein Unding: „Das angedachte Baufläche wurde bereits 1966 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.“ 

Der Ortsbeirat folgte letztlich einer Empfehlung seines Vorsitzenden Alexander Prechtel und lehnt den Prüfauftrag ab. Da das Gremium aber kein Vetorecht hat, heißt das nicht, dass sich die Bürgerschaft im Herbst nicht doch mit dem Thema befassen muss.


| | | |

Kommentieren Sie den Artikel

Name
E-Mail
(wird nicht veröffentlicht)
Kommentar
Sicherheitscode

Ich willige ein, dass DER WARNEMÜNDER die von mir überreichten Informationen und Kontaktdaten dazu verwendet um mit mir anlässlich meiner Kontaktaufnahme in Verbindung zu treten, hierüber zu kommunizieren und meine Anfrage abzuwickeln. Dies gilt insbesondere für die Verwendung der E-Mail-Adresse zum vorgenannten Zweck. Die Datenschutzerklärung kann hier eingesehen werden.*


Schwittay - 13.08.2015 um 13:26 Uhr
......Bravo. Es bleibt zu hoffen, dass die Bürgerschaft ebenfalls den nötigen Weitblick hat. Jede weitere Bautätigkeit schadet Warnemünde.
|