Nachpflanzungen im Warnemünder Küstenwald drohen zu vertrocknen


12. Juni 2023

Forstamtes hunderte Sträucher und junge Bäumchen in eingezäunte Flächen – eine geplante Aktion zur Verjüngung des Warnemünder Küstenwaldes (DWM berichtete 13.01.2023). Die meisten trieben im Frühjahr bereits zartes Grün aus – ein Zeichen, dass sie tatsächlich anwachsen. Nun gibt es seit Wochen keinen Tropfen Regen – dafür Sonnenschein und Wind, die Natur ächzt unter der Trockenheit – und die Wetterprognosen sagen, dass es vorerst auch so bleiben wird.

Das bremst gleichzeitig die natürliche Verjüngung des Waldes. Unzählige Mini-Buchen haben sich auf dem geschützten und lichtdurchfluteten Areal zusätzlich selber ausgesät. Sie wachsen aus heruntergefallenen Bucheckern, sind derzeit etwa zehn Zentimeter hoch und obwohl sie in erster Reihe an der Ostsee stehen, fehlt auch ihnen Wasser. Sie bräuchten Regen- und kein Salzwasser, haben es hier in dem sandigen Boden ohnehin nicht leicht. „Wir müssen sehen, wie sich diese Flächen entwickeln, das braucht Zeit. Erstmal lassen wir die Natur machen, werden aber – wenn nötig – wieder aktiv, denn aufgeben wollen wir nicht“, erklärt Christoph Willert.

„Das einzig Beständige im Wald ist die Veränderung! Welche Folgen einzelne Maßnahmen haben, zeigt sich meist erst nach Jahrzehnten. Gleichzeitig ist Forstwirtschaft immer an die gesellschaftlichen Verhältnisse gebunden. Wald heißt eben auch: Wir alle leben davon“, ergänzt Jörg Harmuth, Leiter des Rostocker Stadtforstamtes. Mitte letzter Woche war er, zusammen mit dem Revierförster, der Einladung durch die Bürgerinitiative „Rettet den Küstenwald“ (BI) gefolgt. Zwei Stunden lang nahmen sich die Förster Zeit für die gemeinsame öffentliche Begehung des Stoltera Küstenwaldes, beantworteten geduldig alle Fragen der gut ein Dutzend Interessierten.

Während die Buche gern im Schatten anderer Bäume wächst, braucht die Eiche viel Licht. Das wussten offenbar auch die Bauern vor gut 125 Jahren schon. Zum Schutz ihrer Felder vor Seewind und Erosion, pflanzten sie damals zuerst Eichen entlang der Küste und erst nach etwa 40 Jahren setzten sie die Buchen dazu. So entstand nach und nach der Waldstreifen gleich westlich von Warnemünde. Im Vergleich zur rund 6.000 Hektar großen Rostocker Heide, die vor fast 800 Jahren erstmals urkundlich als Wald erwähnt wurde, ist dieser Küstenwald also eher noch jung. Viele der Bäume sind in etwa gleich alt und gleich hoch, sie bedrängen sich gegenseitig immer mehr im Kampf um Licht und Nährstoffe, so die Einschätzung der Förster. Insgesamt gehe es dem Küstenwald nicht gut, das zeige vor allem der Blick in die Baumkronen.

Dazu breitet sich am Waldboden Efeu seit kurzem sehr stark aus. Grund sind die milden Winter der vergangenen Jahre. Da längere Frostperioden fehlen und der Efeu schon ab Temperaturen von 6 bis 7 Grad Celsius mit der Photosynthese beginnt, kann er auch im Winter Wasser pumpen und wachsen, wenn alle anderen Pflanzen ruhen. Auf der Suche nach Licht klettert er dann an den großen Bäumen empor, umschlingt sie, nimmt ihnen Nährstoffe. Wie mit dem Efeu umzugehen ist, darüber scheiden sich die Geister. „Wir tun gegen den Efeu nichts, das schaffen wir nicht“, sagt Revierförster Willert. Wenn allerdings die Bäume von den immergrünen Ranken befreit würden, hätte das auch für sie einen Vorteil: „dann könnten wir die Stämme und mögliche Schadstellen der Rinde besser sehen, das würde uns bei der Beurteilung der Standfestigkeit des Baumes helfen, schließlich haben wir die Verkehrssicherungspflicht.“

Vor allem deswegen müssten im Küstenwald auch künftig einzelne Bäume gefällt werden, bevor sie von allein umfallen. Rein wirtschaftlicher Holzeinschlag – das heißt Holz ernten, um es gewinnbringend zu verkaufen – spiele in diesem etwa 72 Hektar großen Naturschutzgebiet ohnehin keine Rolle. Grundsätzlich werde dieser Naherholungswald – mit seiner sehr hohen Schutzfunktion für die Küste – weiterhin extrem extensiv bewirtschaftet, betonen die Förster. „Wir müssen alle gemeinsam gucken, wie wir den nach wie vor extremen Besucherdruck lenken, um diesen Wald zu erhalten. Dabei arbeiten wir als Forstamt seit Jahren auch mit dem Ortsbeirat Warnemünde/ Diedrichshagen, der Tourismuszentrale und der Bürgerinitiative zusammen, denn letztlich stehen wir hier in städtischem Wald, das bedeutet, er gehört nicht uns, sondern Ihnen, den Rostockerinnen und Rostockern“, resümieren die Förster nach der knapp zweistündigen Runde durch den Warnemünder Küstenwald.

„Gut, dass es Menschen mit so viel Sachverstand gibt, diese Tour durch unseren Wald fand ich wirklich schön. Ich bin beeindruckt, mit welcher Leidenschaft und Überzeugung die beiden Männer ihren Job machen, wie ernst sie die Sache nehmen. Da kann man darauf vertrauen, dass das funktioniert“, freut sich die Warnemünderin Regine Pentzien. Auch BI-Sprecherin Annette Boog zog ein durchweg positives Fazit: „Wir danken Ihnen sehr, dass Sie sich die Zeit für diese Begehung und die interessanten Gespräche und Erklärungen genommen haben, uns ist Vieles klarer geworden mit der Waldbewirtschaftung, wir haben das insgesamt als sehr angenehm empfunden.“

Nun warten erstmal alle sehnsüchtig auf Regen hier im Norden, damit der Nachwuchs in den eingezäunten Flächen im Warnemünder Küstenwald doch noch eine Chance bekommt.

RikeM


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