Möglicher Flächenankauf durch die Wiro im Landschaftsschutzgebiet Diedrichshäger Land sorgt für Debatte


20. Juni 2025

Ein alter Konflikt flammt wieder auf: Der mögliche Erwerb einer 35 Hektar großen Fläche im Landschaftsschutzgebiet „Diedrichshäger Land“ (LSG) durch die kommunale Wohnungsgesellschaft Wiro bringt Bewegung in ein Thema, das Rostock seit Jahren beschäftigt – und polarisiert.

Verkaufsabsichten der Eigentümer – und neue Bewegung im Ortsbeirat

Im Rahmen der jüngsten Ortsbeiratssitzung Warnemünde/Diedrichshagen informierte der Vorsitzende Axel Tolksdorff über neue Entwicklungen im Landschaftsschutzgebiet „Diedrichshäger Land“: Die privaten Eigentümer der rund 35 Hektar umfassenden Fläche zwischen Golfplatz und Solarpark beabsichtigen, das Grundstück zu veräußern. Die Stadt selbst kann den Erwerb aus finanziellen Gründen nicht realisieren. Nun soll die kommunale Wohnungsgesellschaft Wiro ins Spiel gebracht werden.

Ein entsprechender Antrag von CDU, Die Linke und FDP/Unabhängige in der Rostocker Bürgerschaft sieht vor, der Wiro ein dementsprechendes Verhandlungsmandat zu erteilen. Ziel sei es, erste Gespräche mit den Eigentümern zu führen und mögliche Bedingungen für einen Kauf auszuloten – ausdrücklich ohne sofortigen Erwerb oder eine Festlegung zur Nutzung, wie die Fraktionsvorsitzende Chris Günther betont.

Befürworter: Einfluss sichern, Optionen offenhalten

„Mit unserem Antrag wollen wir den Weg für ergebnisoffene Gespräche zwischen der Wiro und den Eigentümern ermöglichen“, so Günther. Es gehe um Sondierungen – nicht um eine Vorentscheidung. Die Fläche sei eine der wenigen in privater Hand im Stadtgebiet, die in dieser Größenordnung zur Verfügung stehen. Man wolle verhindern, dass Dritte ohne städtische Einflussmöglichkeit Eigentum erwerben. Der Erwerb könne die Chance eröffnen, die Entwicklung dieses Areals aktiv zu begleiten.

Kritik von Umweltinitiativen und Bündnis 90/Die Grünen.Volt

Die Bürgerinitiative „Rettet den Küstenwald“ sieht die Entwicklungen mit Sorge. Sprecherin Annette Boog warnt: „Die Wiro beschäftigt sich weder mit Landwirtschaft noch mit Aufforstung. Es liegt nahe, dass mit dem Ankauf die Tür für eine spätere Bebauung geöffnet werden soll.“ Ihrer Auffassung nach ist die Rechtslage eindeutig: In einem Landschaftsschutzgebiet ist Bauen nicht zulässig – und das wurde bereits 2017 und 2020 in zwei Bürgerschaftsbeschlüssen bestätigt. „Daran hat sich nichts geändert“, so Boog.

Kritik kommt auch von der Bürgerinitiative zum Erhalt des Landschaftsschutzgebiets Diedrichshäger Land. Sie reagiert mit deutlichen Worten auf den aktuellen Antrag von CDU, FDP und Die Linke in der Rostocker Bürgerschaft. „Was hier als zukunftsorientierte Stadtentwicklung verkauft wird, ist in Wahrheit ein Bruch mit den Prinzipien nachhaltiger Stadtentwicklung und ein Versuch, schleichend ein einzigartiges Schutzgebiet zu opfern“, betont Wolf Fröhlich, Sprecher der Initiative. Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Jahre werde versucht, die ökologisch bedeutsame Fläche in Bauland umzuwidmen – und das entgegen wiederholter Ablehnungen durch Bürgerschaft, Fachämter und eine klar positionierte Einwohnerschaft.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.Volt lehnt das Vorhaben entschieden ab. Der Fraktionsvorsitzende Felix Winter wird deutlich: „Ein Ankauf macht nur Sinn, wenn man das Landschaftsschutzgebiet künftig bebauen will. Das lehnen wir ab!“ Das Gebiet sei ein wertvoller ökologischer Freiraum mit streng geschützten Arten. Eine Bebauung helfe nicht beim Wohnungsproblem, sondern würde nur hochpreisige Eigenheime ermöglichen – mit hohen Erschließungskosten und großem Flächenverbrauch.

Historischer Hintergrund: Ein alter Streit in neuem Gewand

Bereits 2017 hatte es Pläne gegeben, auf dem Gelände ein Wohngebiet mit rund 140 Häusern zu errichten – ein Vorhaben, das der damalige Oberbürgermeister (OB) Roland Methling, gemeinsam mit Finanzsenator Chris von Wrycz Rekowski, der Wiro und dem Eigentümer, der Ostsee-Golf-Resort GmbH, befürwortete. Massive öffentliche Proteste und mehrere Tausend Unterschriften der Bürgerinitiative Diedrichshäger Land führten letztlich dazu, dass die Bürgerschaft eine klare Entscheidung traf: Keine Bebauung im Schutzgebiet!

Auch ein zweiter Versuch unter OB Claus Ruhe Madsen im Jahr 2020 wurde abgeschmettert. Die Bürgerschaft bekräftigte erneut, dass das Landschaftsschutzgebiet dauerhaft unbebaut bleiben soll, und untersagte der Wiro ausdrücklich den Ankauf der Flächen.

Was nun? Nächste Entscheidungen stehen bevor

Am 8. Juli wird der Ortsbeirat Warnemünde/Diedrichshagen zu dem aktuellen Antrag Stellung nehmen, am 23. Juli soll dann die Rostocker Bürgerschaft entscheiden, ob die Wiro in Gespräche über einen möglichen Ankauf eintreten darf.

Für viele Bürgerinnen und Bürger, die sich bereits vor Jahren erfolgreich für den Schutz des Diedrichshäger Lands engagiert haben, ist die erneute Diskussion ein Déjà-vu – mit der Sorge, dass langfristige Beschlüsse nach und nach aufgeweicht werden. Die Bürgerinitiative kündigte bereits Widerstand an, sollte eine erneute Bebauungsdebatte aufkommen.

Fazit: Zwischen strategischer Flächenbevorratung und dem Schutz eines Naturraums

Der aktuelle Antrag ist Ausdruck eines Dilemmas: Während sich einige Kommunalvertreter Handlungsoptionen sichern wollen, warnen andere vor einem schleichenden Tabubruch in einem ökologisch sensiblen Gebiet. Die Diskussion über das Diedrichshäger Land zeigt einmal mehr, wie komplex das Spannungsfeld ist – und dass jede Entscheidung in diesem Umfeld mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit und Verantwortung getroffen werden muss.


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M. Kittel - 22.06.2025 um 09:11 Uhr
Eine wichtige Information an die Menschen, die sich für Warnemünde als OT Rostocks engagieren.
Hierzu fällt ein Spruch der Altvorderen ein: "Warum in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nahe."
Der Gedanke wäre doch leichter diskutiert, handelte es sich um mögliche Erschliessungen der landwirtschaftlichen Flächen entlang der Park-/Doberaner Landstraße, jenseits des Friedhof und entlang der Fahrradstraße Richtung Lichtenhagen - oder besser und einfacher alter Flächen entlang der Warnow.
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