IOW-Forscher: Klärschlamm bringt auch Mikroplastik auf die Äcker


04. Januar 2022

Schon frühere Studien belegten, dass Klärschlamm aus städtischen Anlagen einen hohen Anteil an Mikroplastik (MP) enthält. Der Verdacht, dass diese Kleinstteile nach Düngung von Feldern mit eben diesen Schlämmen auch in den tieferen Boden gelangen könnten, lag nahe. Neue Studien im Rahmen des BMBF-Projektes MicroCatch_Balt (Untersuchung der Mikroplastik-Senken und Quellen von einem typischen Einzugsgebiet bis in die offene Ostsee) bestätigen diese Annahme jetzt. Das teilt die Sprecherin des beteiligten Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), Kristin Beck, heute mit.

Als Mikroplastik werden Kunststoff-Partikel bezeichnet, die kleiner als fünf Millimeter sind. Zu finden sind sie mittlerweile überall auf der Welt, auch an abgeschiedenen Orten wie Arktis und Antarktis. Der Kenntnisstand zu den Eintragsquellen war bislang vergleichsweise gering. Doch nur, wenn die Quellen bekannt sind, kann man auch effizient gegen den Eintrag von MP vorgehen.

Als eine mögliche Quelle stehen seit geraumer Zeit Klärschlämme im Visier der Wissenschaft. Sie enthalten häufig große Mengen an Mikroplastik und werden in einigen Ländern als Dünger genutzt. Anhand eines Testfeldes, das seit den 1980er Jahren regelmäßig mit Klärschlamm gedüngt wurde, untersuchten jetzt unter anderen IOW-Forscher, wie sich die MP-Belastung im Pflug-Bereich, im darunterliegenden Boden und auf einem benachbarten, unbehandelten Feld auswirke. Ihre Ergebnisse stellte das Autorenteam um Alexander Tagg (IOW) in der internationalen Fachzeitschrift Science of the total environment vor.

„Auf dem Testfeld fanden wir erwartungsgemäß relativ viele Mikroplastik-Partikel. Aber auf dem unbehandelten Acker in der Nachbarschaft wurden wir ebenfalls fündig. Die Menge entsprach immerhin noch 44 Prozent dessen, was wir im Oberflächenbereich des Testfeldes gefunden haben“, berichtet Alexander Tagg. Dieser Befund alleine hätte für den Nachweis einer Verbindung jedoch nicht gereicht. „Das Polymer-Spektrum des Mikroplastiks zeigt aber an beiden Orten ein fast identisches Profil. Unserer Meinung nach lässt sich das nur mit dem Transport aus dem Testfeld erklären.“

Darüber hinaus wurde in dem mit Klärschlamm behandelten Boden des Testfeldes Mikroplastik bis in einer Tiefe von 60 bis 90 Zentimetern nachgewiesen. Das deute darauf hin, dass MP auch tief genug eindringen kann, um landwirtschaftliche Entwässerungssysteme zu erreichen. Allerdings waren die Mengen in der Tiefe nur sehr gering (1,6 Prozent der Oberflächenbelastung) und die kontrollierte langjährige und intensive Behandlung des untersuchten Testfeldes mit Klärschlamm lag weit über dem, was im Rahmen der Klärschlammverordnung in der Landwirtschaft zulässig ist.

Sorge bereiten den Forschern daher auch nicht die Mengen an Mikroplastik, sondern der Umstand, dass diese Kunststoffe immer wieder in die Umwelt gelangen und dort schwer abbaubar sind. „Sie werden nicht mehr verschwinden und sich immer weiter anreichern, wenn wir die Quellen nicht schließen“, kommentiert Matthias Labrenz, Leiter des BMBF geförderten Projektes MicroCatch_Balt die Werte.

Die Ausbringung von kommunalem Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen könne demnach zu weiteren unkontrollierten Verunreinigungen führen. Klärschlamm ist jedoch nur eine von vielen Quellen von Mikroplastik. Um seine Bedeutung im Vergleich mit anderen bekannten Einträgen, z.B. durch Reifenabrieb oder Ablagerung von Staub aus der Luft einordnen zu können, ist weitere Forschung dringend notwendig.

Foto: IOW / A. Tagg


| | | |

Kommentieren Sie den Artikel

Name
E-Mail
(wird nicht veröffentlicht)
Kommentar
Sicherheitscode

Ich willige ein, dass DER WARNEMÜNDER die von mir überreichten Informationen und Kontaktdaten dazu verwendet um mit mir anlässlich meiner Kontaktaufnahme in Verbindung zu treten, hierüber zu kommunizieren und meine Anfrage abzuwickeln. Dies gilt insbesondere für die Verwendung der E-Mail-Adresse zum vorgenannten Zweck. Die Datenschutzerklärung kann hier eingesehen werden.*


|