Gibt es in Warnemünde genügend Behindertenparkplätze?


29. Mai 2019

Den Vorwurf, Behinderte würden in Rostock quasi aus dem Leben ausgeschlossen, wollte Rostocks Bausenator Holger Matthäus nicht im Raum stehen lassen und lud deshalb zum Vororttermin in die Warnemünder Seestraße. Das Problem: Im Zuge des zweiten Bauabschnitts bei Umgestaltung der Straße, östlich des Strand-Hotel Hübner, fielen alle Parkplätze weg. Darunter auch die drei Behindertenparkplätze in direkter Verlängerung des barrierefreien Strandaufgangs 4. Hier befindet sich die Strandoase Treichel, deren Inhaber sich die Barrierefreiheit seit langem auf die Fahne geschrieben haben – schon lange bevor Projekte wie „Reisen/Urlaub/Tourismus für alle“ aufgelegt wurden.

Ohne Frage ist die neue Seestraße ein Hingucker. Die Planungen hierfür waren langwierig und ordnungsgemäß wurden im Vorfeld Gewerbetreibende, Anwohner sowie alle Ämter beteiligt. Wenn da nicht der Beigeschmack um die Behindertenparkplätze wäre. „Wir haben sehr wohl an die Behinderten gedacht und schon im ersten Bauabschnitt an der Einmündung zur Heinrich-Heine-Straße sechs Parkplätze geschaffen. Außerdem gibt es eine Auffahrrampe mit nur geringer Neigung und Geländer“, erklärt der Bausenator. Die Vertreterin des Rostocker Behindertenbeirats, Wiltraud Kornagel, bestätigt das. Die Seniorin sitzt seit ihrem 14. Lebensjahr im Rollstuhl, empfindet die autofreie Seestraße als großen Zugewinn und kann mit den sechs Parkplätzen sehr gut leben.

Wie aber sieht es mit Schwerstbehinderten aus, die nicht ihren eigenen Rolli auspacken und losfahren können? Allein die Strandoase von Matthias Treichel wird alljährlich von fünf bis zehn Schwerbehinderten aufgesucht. „Oft sind sie bis zum Hals gelähmt, steuern ihre Rollstühle mit dem Kopf oder per Kinn, Nullwegejoystick oder Touchpad und wir möchten auch sie bedienen“, unterstreicht der Warnemünder. Dafür hat Volker Scholz vom Amt für Verkehrsanlagen eine Lösung parat: „Mit dem blauen Europäischen Parkausweis für Behinderte ist das Parken im verkehrsberuhigten Bereich für einige Stunden erlaubt.“ Das Merkblatt zum EU Parkausweis für Behinderte sagt aus, dass das Parken in eingeschränkten Verkehrsbereichen und außerhalb von gekennzeichneten Parkplätzen gestattet ist, vorausgesetzt, es wird dadurch kein Durchgangsverkehr behindert. Das wäre auch für die vielen Wünschewagen-Fahrer aus der gesamten Republik ein Ansatz. Nicht wenige der Insassen äußern nämlich als ihren letzten Wunsch, noch einmal im Leben an die Ostsee fahren zu dürfen. Dass das mit dem EU Parkausweis problemlos funktioniert, bestätigt Ortsbeiratsmitglied Jobst Mehlan. Er ist ab und an mit einem stark mobilitätseingeschränkten und dazu noch blinden Bekannten unterwegs und wurde durch den KOD (Kommunaler Ordnungsdienst) bislang nicht behelligt. Denkbar ist auch, in die Seestraße einzufahren, seine gehbehinderten Fahrgäste aussteigen zu lassen und anschließend in der Nähe einen geeigneten Parkplatz zu suchen. In jedem Fall sollte der EU Parkausweis immer gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegen. Den KOD wollte Senator Matthäus in dieser Sache noch gesondert sensibilisieren.  

Eines hält Wiltraud Kornagel jedoch für unzumutbar: Der Weg von den sechs Behindertenparkplätzen bis zum sommerlichen Erlebnisbereich am Leuchtturm und Teepott ist auch ihr viel zu weit. Die Seniorin hält den Bereich in der Straße am Leuchtturm für geeignet, um dort zwei Behindertenparkplätze zu schaffen. Damit wäre für sie auch der Alte Strom erreichbar. Von dieser Idee waren weder die Mitarbeiter der Stadtverwaltung noch der Senator begeistert. Der Bereich würde in Kürze sowieso abgepollert und in einer Fußgängerzone bestehe nun einmal absolutes Parkverbot. Man darf gespannt sein, wie hier in Bezug auf „Reisen/Urlaub/Tourismus für alle“ Abhilfe geschaffen werden soll.


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