Bakterien sind definitiv nicht in der Lage, in die Meeresumwelt geratenes Plastik zu zersetzen und voraussichtlich werden sie diese Fähigkeit auch nicht evolutionär erwerben. Zu diesem Schluss kommen die Mikrobiologen Sonja Oberbeckmann und Matthias Labrenz vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW).
Unsere Gewässer sind mit Mikroplastik verschmutzt. Seien es Fasern aus Fleecepullovern, Plastikkügelchen aus Zahncreme, oder zerfallende Plastiktüten und -flaschen: All diese kleinen Plastikteilchen landen irgendwann im Ozean, mit derzeit noch nicht absehbaren Folgen für die marine Umwelt. Da die Mini-Partikel im Meer aber auch von Bakterien besiedelt werden, stellte sich recht früh die Frage, ob sich spezifische Bakterien auf Mikroplastik anreichern könnten. Vielleicht wären solche Spezialisten sogar in der Lage, irgendwann das unverwüstliche Material abzubauen und damit die Meere auf längere Sicht von dieser Kontamination zu befreien.
Die IOW-Mikrobiologen Sonja Oberbeckmann und Matthias Labrenz beschäftigen sich bereits seit einigen Jahren mit dieser Frage. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Wechselwirkungen zwischen Bakterien und Mikroplastik-Partikeln in marinen Lebensräumen äußerst begrenzt sind. Bakterien besiedeln zwar diese Partikel, sie bauen sie aber nicht ab, da der Energieaufwand für sie viel zu hoch wäre. Mehr noch: Mikroplastik ist so schwer abbaubar für Bakterien, dass sie unter marinen Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft keinen Plastik-Abbaumechanismus entwickeln werden. „Somit sind wir mit der Herausforderung, das Mikroplastik loszuwerden, weiterhin auf uns alleine gestellt. Da wir es aber nicht aus unseren Meeren entfernen können, wird es sich auch in Zukunft dort immer mehr anreichern. Und wir wissen nicht, ob es sich dort letztendlich zu einer ‚chronischen Krankheit‘ entwickeln könnte“, kommentieren Oberbeckmann und Labrenz dieses Ergebnis ihrer Studie.
Die beiden Mikrobiologen fordern deshalb proaktive und konsequente Maßnahmen zum Schutz der Meere vor Plastikvermüllung, wie eine signifikante Reduzierung von Wohlstandsplastik sowie Recylingsysteme, die ihr Potential vollständig ausschöpfen und weltweit kostengünstig eingesetzt werden können.
Gute Nachrichten erbrachte die umfangreiche Übersichtsstudie aber auch: Die häufig postulierte Annahme, dass sich krankheitserregende und für den Menschen schädliche Bakterien spezifisch auf Mikroplastik anreichern könnten, und auf diese Weise besonders rasch und weit verbreitet werden, ließ sich nicht erhärten.
Foto: IOW / F. Klaeger
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