Fischers Enkelin fischt frische Fische beim Girls'Day


02. Mai 2023

Normalerweise steht Klara früh – kurz nach 6 Uhr – auf und macht sich für die Schule fertig. An diesem Donnerstagmorgen ist die Zwölfjährige schon längst wach und mit ihren Großeltern auf Fischfang – mitten auf dem Wasser in einem kleinen Boot. Es ist Girls'Day – der alljährliche Zukunftstag – früher nur für Mädchen, mittlerweile genauso für Jungs. Der bundesweite Aktionstag soll Schülern ab der fünften Klasse zur klischeefreien Berufsorientierung dienen. Mädchen schnuppern eher in typische Männerberufe und umgekehrt – das fördert gegenseitiges Verständnis und baut Vorurteile ab.

Da die Schüler sich selbst aussuchen dürfen, was sie am schulfreien Girls- & Boys'Day machen möchten, hatte Klara die Idee, die Arbeit ihrer Großeltern besser kennenzulernen. „Da habe ich einfach Oma gefragt, weil ich später vielleicht eine Ausbildung zur Fischwirtin machen will“, erzählt die Sechstklässlerin. Daniela Pinnow hat sofort zu- und die Aktion mit ihrem Mann Ingo abgestimmt. Beide gehören zur letzten Handvoll Fischer am Alten Strom in Warnemünde. Wenn ihre Enkelin den Betrieb später mal übernehmen würde, wäre die Freude groß.

„Es ist ja alles da, Netze, Fanggeschirre und Fischerboote – wir machen die Arbeit seit mehr als 30 Jahren und wirklich gern. Schade ist allerdings, was mittlerweile aus der Fischerei geworden ist, das haben wir uns alle nicht träumen lassen“, sagt Ingo Pinnow. Auch sein Vater war schon Fischer, konnte die Familie gut davon ernähren. Durch die sogenannte Quote, die immer strengere Begrenzung der Fangmenge für die Ostsee, dürfen sie inzwischen so wenig Dorsch und Hering fangen, dass sich davon nicht mal die laufenden Kosten decken lassen.

„Es lohnt sich einfach nicht mehr, die machen uns kleine Küstenfischer kaputt. Von der Fischerei alleine kann unser Betrieb nicht überleben. Deswegen haben wir schon vor Jahren ein zweites Standbein aufgebaut“, so der wettergegerbte Fischer. Seitdem bieten die Pinnows in ihren Verkaufswagen auch frisch geräucherten Fisch, Fischbrötchen oder selbstgemachte Fischbouletten an. „Wir finden es trotzdem gut, wenn junge Leute sich für unsere Arbeit interessieren und lernen, wie Fischfang geht – falls der Fisch hier in der Ostsee nochmal wiederkommt.“

Nach gut zwei Stunden ist die Familie wieder zurück an Land – es ist kurz vor 8 Uhr – Klara legt ihre Schwimmweste ab. Ihre erste Reaktion „Es war sehr cool aber auch sehr kalt, ich merke meine Zehen gar nicht mehr und die Hände sind auch eiskalt. Wir haben die Heringe gleich unterwegs aus dem Netz gepuhlt, es waren nicht so viele.“ Eine knappe Kiste voll ist ihre Ausbeute – sehnlichst erwartet von den ersten Kunden, die sie gleich am Liegeplatz begrüßen. Frischer Ostseefisch ist nach wie vor sehr gefragt bei Einheimischen wie bei Urlaubern.

Oma Daniela nimmt die frisch gefangenen Heringe mit jahrelang geübten Handgriffen aus, Klara darf sie unter Aufsicht verkaufen – eintüten, wiegen, kassieren und das Wechselgeld rausgeben. Nach zehn Minuten ist ihr gesamter Fang über den Ladentisch gegangen. Opa Ingo klart unterdessen das Boot auf, macht es sozusagen sommerfest – es war ihre letzte Fangaktion für diese Saison. Wenn nicht Girls'Day gewesen wäre, hätten die Pinnows auf dieses Netzesetzen verzichtet – aber es war ihnen wichtig, ihrer Enkelin nicht nur vom Fischen zu erzählen, sondern sie authentisch erleben zu lassen, wie es sich anfühlt, hinauszufahren und die Netze einzuholen.

Klaras Fazit: „Das war richtig gut, interessant und spannend – keiner weiß ja vorher, wie viele Fische drin sind. Nur das frühe Aufstehen liegt mir überhaupt nicht und da kann ich mich, glaube ich, auch nicht dran gewöhnen. Ob ich wirklich eine Ausbildung zur Fischwirtin machen möchte, muss ich mir nochmal überlegen. Aber Danke an Oma und Opa, dass sie mir alles gezeigt haben und ich mitfahren durfte.“ Und wenn Fischers Enkelin Klara nach dem langen Wochenende dann wieder zur Schule geht, hat sie auf jeden Fall viel zu erzählen von ihren Erlebnissen am Girls'Day.

RikeM


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