Sie sorgen für die Postkartenidylle am Alten Strom und sind mit das beliebteste Fotomotiv von Warnemünde. Die hölzernen überwiegend roten ehemaligen Fischkutter. Fast alle Touristen zücken auf der Bahnhofsbrücke ihre Kameras und Handys um das malerische Motiv einzufangen und als Urlaubserinnerung festzuhalten. Leider hat sich die Zahl der Kutter in den vergangenen Jahren extrem verringert. Die Unterhaltskosten haben so manchen Eigner in die Knie gezwungen.
Noch vor 40 Jahre lagen die roten Schiffe in Zweierreihe am Alten Strom wie Perlen auf einer Schnur aufgefädelt und fuhren zum Fischen als Pärchen auf die Ostsee. Davon berichtet Frank Fibig, der bis zum Start seiner Seemannsrente Jahrzehnte auf diesen Kuttern als Kapitän gefahren ist. Die letzten 20 Jahre auf der Santa Maria, die nicht rot, sondern blau-weiß gestrichten ist. Der Erhalt dieser maritimen Schätze ist sehr kostspielig, das war und ist das Todesurteil für so manchen Kutter der Flotte in Warnemünde. Neben dieser traurigen Nachricht gibt es aber auch eine gute.
Das Hotel Neptun, unter der damaligen Leitung von Klaus Wenzel, hatte im Jahre 1987 den Kutter Santa Maria von den vorherigen Eignern gekauft. In den letzten zwei Jahren war es ein bisschen in der Schwebe, ob das Fünf-Sterne-Hotel aus Warnemünde den Kutter verkaufen oder doch weiter für die Hotelgäste und andere Mitfahrenden betreiben will. Der Daumen ging glücklicherweise nach oben. Das Hotel Neptun behält das Schiff. Ein absoluter Befürworter war und ist General Manager Guido Zöllick. „Wir wollen etwas für Warnemünde und das Ortsbild tun, die Kutter stehen für die maritime Tradition am Alten Strom“, betont Zöllick.
Der Neptun-Chef fühlt sich der Santa Maria emotional und persönlich verbunden. „Als der umgebaute Kutter 1987 von Greifswald nach Warnemünde überführt wurde, war ich als Kellner im Hotel Neptun beschäftigt und habe bei der Überfahrt das kleine Catering und die Gäste betreut“, sagt der heutige Hotelchef. Deshalb ist Zöllick der eigentliche Motor und hartnäckige Befürworter der Aktion, das Schiff im Eigentum des Hotels zu behalten und zu pflegen. Gebaut wurde das maritime Schmuckstück 1950 in Stralsund. Es ist 17,80 Meter lang, 5,60 Meter breit und hat einen Tiefgang von 2,60 Metern. Der Kutter ist am Liegeplatz 7 am Alten Strom zu finden.
Von großem Vorteil ist, dass die Santa Maria seetüchtig ist und im Gegensatz zu vielen anderen Schiffen auch auf der Ostsee fahren darf. „Der frühere Eigner hat sie so umbauen lassen, dass sie notfalls bis nach Amerika schippern kann, daher rührt auch ihr Name“, weiß der frühere Kapitän Frank Fibig. Voraussetzung, das Schiff weiter zu behalten war, dass man eine gute Besatzung anheuert. „Wegen seiner Seemannsrente darf Frank Fibig das Schiff nicht mehr fahren, aber er ist als Berater und gute Seele mit an Bord“, freut sich Zöllick. Er hatte das Glück, den Warnemünder Kapitän Dieter Wieprecht und Maschinist Enko Gröger gewinnen zu können. Sie waren vorher auf der Pasewalk des Warnemünder Fischereikuttervereins „Jugend zur See“ e.V.
Für Fiebig und Zöllick ist die Santa Maria das Filetstück der Kutter vom Alten Strom. Aber um so ein Schiff zu erhalten, muss es gefahren und regelmäßig gewartet werden. „Sonst verkommt es“, weiß der Hotelchef. Der in Schuss gebrachte Traditionskutter geht übrigens am Montag auf die erste Ausfahrt. „Diese haben Gäste von uns am Rande einer Tagung gebucht“, sagt Zöllick. Maximal 21 Personen können auf dem Schiff mitfahren. Die Miete kostet 250 Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer, außerdem eine Stunde für das Vor- und Nachbereiten. „Wir bieten das im Rahmen unserer Gästebetreuung an, aber es kann auch von Gästen außerhalb des Hotel Neptun gemietet werden“, so Zöllick.
Allein für die Liegeplatzgebühren sind 6.500 Euro im Jahr zu berappen, dazu die regelmäßigen Werftaufenthalte. „Wenn man da nur 20.000 Euro zahlt, ist man gut dran“, sagt Frank Fibig. Zum Glück gibt es auf diesem Schiff keinen Reparaturstau, betont Zöllick. Er weiß, dass man sich mit den Fahrten keine goldene Nase verdienen kann. „Wenn es eine Nullrunde wird, dann sind wir schon glücklich“, betont er. Das Anliegen zielt neben dem Erlebnismehrwert für Gäste auf den Erhalt des Schiffes und die Tradition am Alten Strom.
Der aktuelle Schiffsführer Dieter Wieprecht ist sehr lange als Kapitän auf großen Pötten gefahren. Zuletzt für Aida Cruises. Trotzdem weiß er, dass die kleineren Kutter es vom Fahrkönnen in sich haben. Es ist etwas platt verglichen ein wenig wie mit einem Automatikauto und einem mit Gangschaltung. „Da ist sehr viel Erfahrung und Muskelkraft nötig“, sagt Wieprecht. Der Warnemünder bedauert es, dass die Hansestadt in seinen Augen kaum Interesse am Erhalt des maritimen Erbes hat. Er und sein Vorgänger Frank Fibig wissen: Wenn man mit so einem Kutter auf hoher stürmischer See unterwegs ist, erlebt man die Kraft der Natur hautnah. „Dann spürt man wie klein der Mensch dagegen ist“, sagt Wieprecht. So ein Kutter kann bei guter Pflege 100 bis 130 Jahre alt werden. Von daher verdient das Hotel Neptun ein öffentliches Lob, dass es ein Schiff erhält, mit dem sogar auf hoher See gefahren werden kann. Auf den übrigen gibt es überwiegend nur Fischbrötchen und anderes Essen zu kaufen.
Ein besonderer Höhepunkt für die Gäste vom Hotel Neptun sind die Begleitfahrten zur Hanse Sail und zum Auslaufen der Kreuzfahrtschiffe, besonders von der heimischen Aida-Reederei. Auch dafür kann man das Schiff buchen.
Gäste, die auf der Santa Maria mitfahren möchten, können sich im Hotel Neptun melden und dort im Veranstaltungsservice unter 0381/ 77 76 66 oder per E-Mail an bankettmanager@hotel-neptun.de buchen.
Text & Fotos: Maria Pistor
Kommentieren Sie den Artikel
Heute zufällig am Alten Strom vor dem ablegen gesehen. Da ich keine Buchung hatte konnte ich nicht mitfahren. Habe mich aber gleich verliebt in den Kutter. Als ehemaliger E-Mix der DSR hat man natürlich emotionale Bindung zur Alten Technik. Ein Lob dem Hotel Neptun , die diesen Erhalt ermöglichen.
Danke G.Müller