Warnemünder Schiffer bekam "Negerknaben" geschenkt


02. Juli 2015

„Der Ausspruch ‚Über sieben Meere‘ stand schon in der Antike für ‚Die große weite Welt‘“, weiß Museumschefin Dr. Kathrin Möller. Heute wurde die gleichnamige Sonderausstellung, die Warnemünder Kapitäne in den Fokus rückt, im Heimatmuseum eröffnet. „Und der Titel passt sowohl umgangssprachlich, als auch in Verbindung mit der Rostocker 7 gut“, findet die Museumsleiterin. Für den Zeitraum 1860 bis 1911 haben sie und ihre fleißigen, oft ehrenamtlich arbeitenden, Helfer insgesamt 140 Warnemünder Kapitäne ausgemacht. Allein für eine Momentaufnahme des Jahres 1880 waren es 40 Schiffer und wo die alle wohnten lässt sich auf einem alten Ortsplan ausmachen, der zur Ausstellung gehört. Basierend darauf plant das Heimatmuseum übrigens für August einen Kapitänsrundgang durch Warnemünde – der Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben.

Die große Zahl der Kapitäne ist bemerkenswert, denn die Warnemünder durften bis 1866 eigentlich gar nicht zur See fahren und selber Handel treiben. Aber die Rostocker Flotte wuchs in den 1860er Jahren rasant und so wurde schon im Jahre 1852 ein Kompromiss gefunden, wonach auch die Warnemünder ein eigenes Schiff führen und trotzdem in ihrem geliebten Fischerdorf wohnen bleiben durften. „Prominentes Beispiel ist Stephan Jantzen, der 1856 sein Kapitänspatent machte und noch im selben Jahr auf seinem eigenen Schiff, der 38-Meter-Bark Johannes Keppler unterwegs war“, weiß Kathrin Möller.   

Interessante Exponate bereichern die Ausstellung, so auch eine Seekarte aus dem 19. Jahrhundert, auf der die Fahrten der Warnemünder Schiffer in alle Welt nachempfunden werden. Etwa die Route von Heinrich Jungmann ins Mittelmeer, die von Heinrich Gornitzka nach Pathein, heute Myanmar,  oder die von Heinrich Ohlerich in den afrikanischen Kongo. Letzterer war auf der Bark Helmuth Simonis einige Male an der Kongomündung unterwegs und brachte viele Souvenirs von seinen Reisen mit. Eines sorgte 1871 in Warnemünde für besonderes Aufsehen: Er schrieb seinen Kindern, dass er einen etwa neunjährigen „Negerknaben“ geschenkt bekommen habe, den er zunächst „Antonio Congo“ nannte. Er wollte ihn jedoch nicht als Sklaven betrachten, sondern ihm eine christliche Erziehung samt Taufnamen geben. Anton Steinmetz, wie der Junge dann hieß,  wurde schließlich die Sensation von Warnemünde. Später schloss er sich dem bekannten Zauberer Bellachini an und sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

Hörtexte, eingesprochen von Dr. Kathrin Möller und Prof. Horst D. Schulz, sind an mehreren  Audiostationen der Sammlung zu hören. „Die englischsprachigen Texte, übersetzt von unserer amerikanischen Praktikantin, liegen im Ausstellungsbereich ebenfalls bereit“, so die Museumleiterin. Und noch etwas weiß die engagierte Historikerin: „Frauen durften ihre Männer durchaus auf den Seereisen begleiten. Die Kapitänsfrau Anna Evers etwa begleitete ihren Mann Jacob und legte von ihren zurückgelegten Stationen im Indischen Ozean sogar ein eigenes Herbarium an. Auch das ist ausgestellt.

Nicht bei allen präsentierten Seemannsmitbringseln lässt sich nachvollziehen von wem oder woher sie stammen. Sollte also dem einen oder anderen Besucher ein Stück oder ein Name bekannt vorkommen, freut sich das Musemsteam über die dazugehörige Geschichte.

Das Heimatmuseum Warnemünde ist dienstags bis sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 3 Euro pro Person. Die Sonderausstellung „Über sieben Meere – Warnemünder Kapitäne im 19. Jahrhundert“ ist noch bis zum Sommer 2016 zu sehen.


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