Dass Warnemünde bezahlbaren Wohnraum für junge Familien braucht, ist keine neue Erkenntnis. Erst auf dem jüngsten Diskussionsabend zur Fortschreibung des Strukturkonzeptes mit Thema „Wohnen und Infrastruktur in Warnemünde und Hohe Düne“ war genau das die Essenz. Woher aber nehmen? Welcher Investor soll dazu „verdonnert“ werden, die günstigen Wohnungen zu bauen und auf welchen zuvor günstig eingekauften Flächen sollen sie entstehen? Wie kann man günstigen Wohnraum überhaupt definieren? Muss man bei Neuvermietungen künftig Geburtsurkunde und Familienbuch vorlegen um eine vermeintlich günstige Wohnung anmieten zu können?
Ein erster und tatsächlich machbarer Ansatz wäre, als Ferienwohnungen genutzte reguläre Wohneinheiten in reinen Wohngebieten künftig auszuschließen. Dazu lässt die Stadt Rostock den etwas sperrig formulierten Bebauungsplan, B-Plan 01.WA.183, zum „Schutz des Wohnens vor Umwandlung in Ferienwohnungen in Warnemünde“ erarbeiten. Der Bearbeitungsstand dazu wurde auf der letzten Ortsbeiratssitzung vorgestellt. „Hintergrund ist der starke Anstieg von Ferienwohnungsnutzungen in Warnemünde und die damit einhergehende Verdrängung von Wohnraum“, erklärt Stadtplanerin Uta Janssen. Es ist Tatsache, dass ganze Aufgänge in Mehrfamilienhäusern als Ferienobjekte genutzt werden – Störungen in der Nachbarschaft werden dabei gern in Kauf genommen. Lars Fricke von der beauftragten Stadt- und Regionalplanung Partnergesellschaft aus Wismar führt weiter aus, dass es bei der Kritik nicht um die Objekte gehe, die sich in der vom Eigentümer selbst bewohnten Villa oder Einfamilienhaus befänden: „Diese Form der Privatvermietung ist in Warnemünde traditionell gewachsen und wirkt sich in der Regel nicht störend aus.“
Negative Auswirkungen hat die „städtebauliche Fehlentwicklung“ nach Aussage der Planer auch auf die demographische Entwicklung im Ostseebad. Durch die hohe Nachfrage nach Ferienwohnungen in Warnemünde sind die Wohnungsmieten und Kaufpreise in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Ergebnis: Die einheimische Bevölkerung wird verdrängt. Insbesondere junge Familien oder Servicekräfte im Tourismus können sich eine Wohnung in Warnemünde finanziell meist nicht mehr leisten.
Insgesamt wurden Ende 2015 in Warnemünde 3.830 Wohnungen ermittelt, davon sind bereits 1.044 Wohneinheiten als Ferienwohnungen genutzt. 2009 wurden im Rahmen des Strukturkonzeptes Warnemünde noch 629 Ferienwohnungen ermittelt. Das entspricht einem Zuwachs von 415 Ferienwohnungen und 65 Prozent in nur sechs Jahren! In 20 Jahren hat der Ort somit etwa 27 Prozent seiner Wohnbevölkerung verloren. Besonders prekär: Bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplanes wurde schon im Januar 2013 eine Veränderungssperre verhängt. Darin heißt es, dass keine Dauerwohnungen in Ferienobjekte umgewandelt werden dürften. Trotzdem sind seit dem nochmals 83 neue Ferienwohnungen entstanden – ganz offiziell wohlgemerkt. Ein Unding, denn offenbar will sich auch in der Stadtverwaltung niemand an die Veränderungssperre halten. Die rechtliche Situation ist schwierig, das steht außer Frage. Eine Möglichkeit wäre aber, schon in Bauanträgen nach Nutzungsabsichten zu unterscheiden. Auch bei Ersatzneubauten dürfen künftig nicht mehr Ferienwohnungsflächen entstehen, als vorher vorhanden war. „Langfristig planen wir sogar, etwa 135 illegal entstandene Objekte in Dauerwohnungen umzuwidmen“ kündigt Fricke an.“
Verschiedenste Ausschüsse werden den B-Plan-Entwurf noch vor der entscheidenden Bürgerschaftssitzung am 6. Juli beraten und auf hoffentlich sichere Füße stellen. Der Ortsbeirat trug seinen Teil zur Entscheidungsfindung bei: „Wir haben jetzt die Chance auf einen Bebauungsplan der das ein für alle Mal regelt“, wirbt der Beiratsvorsitzende Alexander Prechtel und erntet Zustimmung – das Gremium stimmt einhellig für den Entwurf.
Foto: Günther Rausch
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