Sturm spülte Seegras an – ungewöhnliches Bild am Warnemünder Strand


18. Dezember 2021

Das Meer tobt, der Nordwestwind peitscht Schneeregen und nassen Sand über den Strand. Kein Wetter für einen gemütlichen Spaziergang an der Ostsee. Sturmtief „Daniel“ fegt über Warnemünde. Wer sich Anfang Dezember trotzdem aufgerafft hat, einen Blick über die Dünen an den Strand zu werfen, wurde überrascht von einer ungewöhnlichen grünen Hügellandschaft nahe dem Ufer. Jede Menge angespültes Seegras – samt Wurzeln aus dem Meeresboden gerissen – ein seltener Anblick.

Meeresforscher bewerten das als positives Zeichen. Es zeige, dass vor Warnemünde noch intakte Seegraswiesen existieren und die seien besonders wichtig für das Ökosystem – auch im Hinblick auf ihre Fähigkeit, Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu binden und den Kohlenstoff im Meer zu speichern. Das gewöhnliche Seegras wächst normalerweise in Küstennähe, ganz ähnlich wie Gras an Land – nur eben unter Wasser und verwurzelt im Meeresboden. Es braucht Licht für die Photosynthese, klares Wasser und wenig Nährstoffe. Seegraswiesen gelten als natürliche Filter und Anzeiger für gute Wasserqualität. Sie sind Rückzugsort und Laichstube für Fische, Seesterne und andere Meeresbewohner.

Zudem gilt Seegras zunehmend als „Klimapflanze“ im Kampf gegen die menschengemachte Erderwärmung. Seegraswiesen nehmen in Größenordnungen Kohlendioxid auf, pumpen den Kohlenstoff über ihre Wurzeln ins Sediment, wo er gespeichert wird. Neuere Forschungsergebnisse des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigen, dass Seegraswiesen allein in der deutschen Ostsee etwa drei bis zwölf Megatonnen Kohlenstoff speichern. Das sei deutlich mehr, als bisher bekannt. Künftig sollen ihre Lebensräume entlang der gesamten deutschen Ostseeküste wiederhergestellt und ausgebaut werden.

Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) weist jetzt darauf hin, dass Seegras weltweit „keine Patentlösung gegen den Klimawandel“ sei. Eine neue Studie eines internationalen Forscherteams zeige: „Tropische Seegraswiesen können durchaus mehr Kohlendioxid abgeben, als sie aufnehmen.“ Ob die Rekultivierung von Seegraswiesen sinnvoll sei, hänge also letztlich von deren Standort ab.

Zum Glück ist die Ostsee vor Warnemünde kein tropisches Gewässer, das Vorhandensein möglichst großer Seegraswiesen bleibt also ein gutes Zeichen. Früher übrigens haben die Küstenbewohner nach Stürmen angespültes Seegras eingesammelt, mit Forken, Pferd und Wagen vom Strand geholt und anschließend entweder als Dünger auf die Felder verteilt oder getrocknet in Matratzen gestopft. Die alten Warnemünder erinnern sich noch.

RikeM


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