Strandmüllsammler bei Sonnenaufgang


27. November 2023

Jeden Morgen eine Minute vor Sonnenaufgang am Strand sein – das ist sein Ritual seit mehr als zehn Jahren. Tag für Tag an 365 Tagen im Jahr. Zurzeit kann er dabei morgens länger schlafen, denn die lichten Tage sind nun deutlich kürzer als im Sommer. Wir nähern uns der Wintersonnenwende – an den Strand zieht es ihn dennoch allmorgendlich.

„Für mich ist es Bewegungstherapie, täglich zwei Stunden am Strand entlang und dabei aufsammeln, was dort nicht hingehört. Ich mag es einfach nicht, wenn Unrat rumliegt – vor allem Plasteteilchen gehören nicht in die Natur – egal, ob von Strandbesuchern vergessen oder angespült. Irgendwann hab‘ ich einfach angefangen, immer eine Mülltüte mitzunehmen und das Zeug aufzusammeln“, erklärt der 71-Jährige seine Motivation. Er finde das gar nicht besonders erwähnenswert.

Es sei doch eigentlich ganz normal, ergänzt der Pfeife rauchende Warnemünder „Wenn ich sowieso da bin und den Mikromüll sehe, kann ich ihn doch einfach mitnehmen. Es macht für mich keinen Sinn, darauf zu warten, dass es andere tun. Wenn es am Strand ordentlich aussieht, ist es doch für alle schön und wenn noch ein paar mehr Leute mitmachen, umso besser.“ Durch die regelmäßige Bewegung an der frischen Seeluft habe er inzwischen schon gut zehn Kilo abgenommen und sein Diabetes bereite ihm seit drei Jahren auch keine Sorgen mehr. An der Ostsee fühlt er sich einfach wohl.

Auf die Frage, was er denn im Laufe der Jahre schon so alles gefunden hat, antwortet Detlef mit einer Einladung in sein Archiv. Neben tausenden Teilchen, die er immer sofort in die bereitstehenden Mülltonnen entsorgt hat, hat sich mittlerweile ein kleiner Berg Strandkinderspielzeug angehäuft. Schaufeln jeglicher Größe, Eimerchen, Sandbackformen, Siebe, Boote, Autos oder Käscher hat er gerettet und im Keller gesammelt. „Viel zu schade zum Wegwerfen“, findet der Rentner und würde die Spielsachen gern spenden oder weitergeben an Kinder, die sich darüber freuen.

Wann die Sonne aufgeht, steht in seinem analogen Kalender. In dem Büchlein macht er sich auch täglich Notizen. Für gestern hat er vermerkt: 530. Strandgang dieses Jahres, von kurz vor sieben Uhr bis halb neun, zwei kleine Plasteteilchen gefunden, sonst nichts. „Das ist in den vergangenen Jahren wirklich besser geworden, also spürbar weniger Müll am Strand. Ich möchte unbedingt auch Danke sagen an die Strandreiniger von der Tourismuszentrale, die machen gute Arbeit und wir hatten schon oft nette Gespräche“, sprudelt es spontan aus dem freiwilligen Strandmüllsammler hervor.

Jeweils für die Sommersaison hat Detlef übrigens auch einen Strandkorb, er ist einfach gern am Strand. „112 Mal hab‘ ich dieses Jahr meinen Strandkorb aufgeschlossen ­– ja, jeder hat so seinen Vogel“, lacht der 71-Jährige und pafft genüsslich seine Pfeife. Akribisch führt er Buch über jeden Ausflug an den Warnemünder Strand – und manche Tage sind es eben mehr als einer.

Egal ob es regnet, stürmt oder schneit – auf jeden Fall will er morgen, spätestens eine Minute bevor um 8.03 Uhr die Sonne in Warnemünde aufgeht, wieder am Strand sein – am Ostseeufer entlangspazieren und nebenbei einsammeln, was dort nicht hingehört. Und danach gibt es Frühstück, so wie jeden Morgen.

RikeM


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