Ein Gang ins Warnemünder Heimatmuseum gehört für Uwe Heimhardt, den langjährigen Vorsitzenden des Museumsvereins, eigentlich zur täglichen Routine. Doch am 29. Oktober 2025 war alles anders: Der Saal des alten Fischerhauses von 1767 war mit Stühlen gefüllt – und das, obwohl keine neue Ausstellung eröffnet wurde. Der Anlass war ein besonderer: Die Stiftung Mecklenburg zeichnete den engagierten Warnemünder für seine herausragenden Verdienste um die Bewahrung und Vermittlung mecklenburgischen Kulturerbes aus.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt sich Uwe Heimhardt unermüdlich für den Erhalt des Warnemünder Heimatmuseums ein. Die Idee, ihn für den mit 1.000 Euro dotierten Preis vorzuschlagen, kam der Museologin Kathrin Möller ganz spontan am heimischen Küchentisch. Ihr Mann riet ihr, den Vorschlag tatsächlich einzureichen – was sie auch tat. Möller, die als Leiterin des Rostocker Schiffbau- und Schifffahrtsmuseums tätig ist, war früher selbst im Warnemünder Heimatmuseum beschäftigt und fühlt sich der Einrichtung bis heute eng verbunden.
Ihr Vorschlag hatte Erfolg. Zur feierlichen Preisverleihung waren am Mittwoch Florian Ostrop, Geschäftsführer der Stiftung Mecklenburg, sein Stellvertreter Henry Tesch sowie zahlreiche geladene Gäste erschienen. Seit 2017 vergibt die Stiftung jährlich diese Auszeichnung. Henry Tesch würdigte in seiner Rede das außergewöhnliche Wirken Heimhardts: „Uwe Heimhardt verbindet bürgerschaftliches Engagement mit dem Mut, als Ehrenamtlicher persönliche Risiken einzugehen, um Kultur für die Gemeinschaft zu bewahren.“ Mit seinem persönlichen Einsatz und dem Engagement des Museumsvereins habe er entscheidend dazu beigetragen, das Warnemünder Heimatmuseum vor der Schließung zu retten. Heute zählt das Haus in der Alexandrinenstraße 31 rund 12.000 Besucherinnen und Besucher jährlich – eine beachtliche Zahl für das kleine, aber feine Museum.
Die Laudatio hielt Museumsleiter Christoph Wegner: „Wir sind zusammengekommen, um ‚Uns Uwe‘ für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement zu ehren“, sagte er. Der Spitzname erinnert zwar an Fußballidol Uwe Seeler – doch mit Fußball kann „Uns Uwe“ aus Warnemünde herzlich wenig anfangen. „Im Nachhinein kann man sagen: Zum Glück“, schmunzelte Wegner. Denn Heimhardts Leidenschaft galt von jeher der Geschichte. Bereits Mitte der 1970er-Jahre trat er dem Club junger Museumsfreunde bei. Nach der Wiedervereinigung arbeitete er in der Museumskommission des neu gegründeten Warnemünde-Vereins mit. Besonders beim Katalogisieren und Beschreiben der Bestände war Heimhardt in seinem Element.
Als 2003 die Rostocker Bürgerschaft wegen hoher Kosten und zu geringer Besucherzahlen die Schließung des Museums beschloss, war für ihn klar: Das darf nicht sein. Am 9. Oktober 2004 gründeten 26 Warnemünderinnen und Warnemünder den Museumsverein Warnemünde e.V. – mit Heimhardt als erstem und bis heute einzigem Vorsitzenden. Uwe Heimhardt, Gallionsfigur des Vereins, von dem alle wissen, dass er im Umgang mit Menschen laut und leise sein kann. Seit dem 1. Januar 2005 steuerte er das Museum wieder auf Erfolgskurs. Statt der erhofften 8.000 Gäste kamen – mit Ausnahme der Corona-Jahre – regelmäßig rund 12.000 Besucher.
Heimhardt, Wegner und der Verein hoffen nun, dass die Auszeichnung Rückenwind für die geplante Erweiterung des Museums gibt. Ziel ist es, zusätzliche Räume zu gewinnen, die derzeit noch als Pension genutzt werden. „Die Vorzeichen mögen finanziell schwierig sein, wie schon 2003 und 2004, aber wer einen Weg sucht, wird auch einen finden“, so Wegner. Bereits am 3. November wollen Heimhardt, Wegner und Vorstandsmitglied Doris Reiber das Thema mit Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger besprechen. Ein Ass hat Heimhardt dabei im Ärmel: Der Verein verfügt noch über Mittel aus einem Nachlass, die das Projekt teilweise finanzieren könnten.
Schließlich ergriff der Geehrte selbst das Wort: „Frei nach James Bond kann ich nur sagen: Ich bin nicht geschüttelt, aber gerührt“, scherzte Uwe Heimhardt. Er erinnerte daran, dass sein Vater maßgeblich an seiner Leidenschaft für Geschichte und Museen beteiligt war. Der Funke sprang 1974 über, als die Straßenbahnlinie 4 nach Gehlsdorf stillgelegt wurde – und als er eine Altissa-Kamera mit Rollfilm geschenkt bekam. Seitdem war sein Interesse am Sammeln und Bewahren historischer Zeugnisse geweckt. Eigentlich wollte Heimhardt Archivwesen studieren, doch der damalige Leiter des Rostocker Stadtarchivs, Horst Witt, riet ihm ab: „Studieren Sie lieber Elektrotechnik und behalten Sie die Geschichte als Hobby – dann haben Sie auch in 30 Jahren noch Freude daran.“ „Er hatte recht“, sagt Heimhardt heute rückblickend.
Eine seiner amüsanten Anekdoten handelte von der Zeit, als der Museumsverein während des Lockdowns mit Hilfe von Stiftungsgeldern die historischen, denkmalgeschützten Lehmwände des Hauses restaurieren ließ – ohne den Vermieter, den städtischen Eigenbetrieb KOE, vorher zu informieren. Als KOE-Chefin Sigrid Hecht davon erfuhr, habe sie Heimhardt und sein Team „eine Viertelstunde lang nach allen Regeln der Kunst zusammengestaucht“. Doch am Ende gab es auch Lob – und die Erkenntnis, „dass man sich mehr solcher menschlichen Motoren wünschen würde“, erinnert sich Heimhardt schmunzelnd.
Zur Preisverleihung erschien auch Mathias Stagat, Vorsitzender des Warnemünder Leuchtturmvereins, der dem Museumsverein einen Scheck über 1.000 Euro überreichte. „Wir Vereine kennen uns alle untereinander – und wir brennen auch für das Museum“, sagte Stagat. Er kündigte an, auch künftig als Verein das Museum zu unterstützen. „Das hat auch schon der verstorbene frühere Vorsitzende Gerhard Lau getan.“
Eine Person fehlte an diesem Tag: Marion Heimhardt, die ihren Mann stets in seiner Leidenschaft für das Sammeln und Bewahren von Kulturschätzen unterstützt. Sie war in Dresden – beim „Enkeldienst“. Die Blumensträuße und Glückwünsche wird sie aber später zu Hause genießen können. Und stolz auf „ihren Uwe“ ist sie ganz bestimmt – auch aus der Ferne.
Maria Pistor
Kommentieren Sie den Artikel