Landstrom gegen schwarzen Rauch?


12. März 2015

Schon seit langem befasst sich der Warnemünder Ortsbeirat mit Alternativen für die Stromversorgung an Bord der Ozeanriesen im Hafen. Ob der Stein der Weisen nun beim oft geforderten Landstromanschluss, beim schwimmenden Gaskraftwerk Power Barge à la Hamburg oder bei Dual-fuel-Motoren zu suchen ist, konnte auch bei der Sitzung am Dienstagabend niemand beantworten. Dem Vernehmen nach ist eine Mischung aus allen Optionen des Rätsels Lösung. Die Argumente unterscheiden sich je nach Blickwinkel – so setzt die Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock, Hero,  andere Prämissen, als eine Kreuzfahrtreederei und die Anwohner sehen alles noch ganz anders. Fakt ist, dass die Kreuzfahrtschiffe, und nicht nur die, im Ostseebad viele Emissionen verursachen. Schuld daran sind vor allem die langsamen so genannten Revierfahrten und natürlich die Stromerzeugung für das Schiff direkt am Liegeplatz.

Die Belästigungen reichen von üblen Gerüchen, schmierigen Belägen, Rauchfahnen, Feinstaubbelastungen, dazu Lärm bis hin zu gesundheitsschädlichen Kohlendioxiden, Sickstoff- und Schwefeloxiden. „Für alle diese Belastungen existieren derzeit keine international abgestimmten Vorschriften. Mit Vorgaben für die Partikel-Emission allerdings ist in absehbarer Zeit zu rechnen“, sagt Prof. Dr. Franz Spychala vom Verein Deutscher Ingenieure, VDI. Der Schiffsmotorenexperte wies außerdem darauf hin, dass es Filteranlagen, die den allgemeinen Erwartungen entsprechen, bisher noch nicht gibt.

„Insbesondere Hohe Düne ist sehr stark belastet, deshalb wurde jetzt auch genau dort ein Messcontainer installiert. Ab April sollen erste Ergebnisse vorliegen“, weiß Umweltsenator Holger Matthäus, der einer internationalen Arbeitsgruppe Stadtverträglichkeit von Kreuzfahrthäfen angehört. Diese Gruppe wurde im vergangen Jahr gegründet und zielt auf eine Gesamtstrategie. „Außer in Hamburg – die Hansestadt setzt auf Gasblockkraftwerk und Landstromanschluss – gibt es noch keinen städtischen Alleingang.“ Es soll eine gemeinsame Vorgehensweise abgestimmt werden um auf Augenhöhe mit den Reedereien verhandeln zu können. Auf Einladung des Senators treffen sich die Kreuzfahrtstädte des Ostseeraums, Oslos, Bergens und Hamburgs Ende April in Warnemünde. Geplant ist dann auch eine öffentliche Veranstaltung, bei der Kopenhagen, Stockholm und Hamburg den aktuellen Planungsstand bzgl. Landstromanschluss aus ihren Städten vorstellen.

Einzig der Landstromanschluss oder die Power Barge würden das Problem im Hafen lösen – großer Nachteil sind in beiden Fällen die zu erwartenden Kosten. „Drei Landstromanschlüsse kosten etwa 30 Mio. Euro und dabei handelt es sich lediglich um eine Brückentechnologie“, sagt Thomas Biebig von der Hero. Gegen Landstrom spricht auch, dass das Emissionsproblem lediglich verlagert würde, denn der Strom muss irgendwo produziert werden. Außerdem müssten die heimischen Energieversorger dazu im Stande sein ad hoc 10 bis maximal 33 Megawatt zur Verfügung zu stellen und auch die Netzfrequenz von 50 auf 60 Hz gilt es auszugleichen. Das Thema Landstrom wird nach Biebigs Aussage auch in der Fachpresse sehr differenziert betrachtet. „Wir als Hero sind nicht per se dagegen, sondern suchen nach einem wirtschaftlichen Modell“, so Biebig, der gleichzeitig vor einer Verengung auf nur eine Lösung warnt.

Vieles spricht für den Einsatz eines Gasblockkraftwerkes, der so genannten Power Barge. „Diese umweltfreundliche Stromversorgung und deren technische Umsetzung wird durch Becker Marine Systems zur Verfügung gestellt und an den Reeder verchartert“, sagt Ralf-Thomas Rapp von LNG Hybrid. Eine Kostenschätzung für diese Option liegt für Warnemünde noch nicht vor. Hier könnten die in Hamburg gemachten Erfahrungen hilfreich sein.

Auf eine baldige Lösung hofft Jürgen Brandt aus Hohe Düne. Vor fünf Jahren ist er wegen der guten Seeluft aus Frankfurt am Main an die Ostsee gezogen. Jetzt hat er vermehrt mit Atemwegserkrankungen zu kämpfen. Immer mehr neue Wohngebiete – Tonnenhof, Molenfeuer und Mittelmole – rücken an die Kreuzfahrtzone heran und das Konfliktpotenzial steigt. Hier sind vor allem die Stadtplaner gefragt.

Foto: Jürgen Brandt, Hohe Düne


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