Interessante Planspiele: autoarmes Warnemünde


10. August 2020

Das zurückliegende Wochenende mit hochsommerlichen Temperaturen hat vor allen Dingen eines aufgezeigt: Warnemünde kollabiert unter dem Autoverkehr und muss im Interesse der Lebens- und Aufenthaltsqualität für Einwohner und Gäste dringendst entlastet werden. Jeglicher weitere Aufschub könnte irreversible Folgen auch für den Tourismus haben.

„Das Straßennetz ist Jahrhunderte alt und die letzten Straßenzüge sind in den 1940er Jahren konzipiert worden“, weiß der Senator für Bau und Umwelt, Holger Matthäus. Nicht nur in jeder Saison und in jeden Ferien oder an Feiertagen: Wenn die Sonne lacht, ist Warnemünde beliebtes Ziel vieler Menschen. Eine Vielzahl von ihnen kommt mit dem Auto. Nicht wenige sind bereits von der Anfahrt genervt und im Ort – selbst für Fußgänger oder Gaststättenbesucher – geht der Autostress auch gleich weiter. Alles nicht Neues und leider Warnemünde-typisch.

Und dabei mangelt es nicht an Expertisen: Es gibt ein Parkraumkonzept aus 2015, ausgearbeitet von der Planungsgruppe Nord aus Kassel, ein ergänzendes Gutachten von 2017 zu Parkhausstandorten und eine weitere Untersuchung zur Einordnung von Dünenparkhäusern aus 2019. „Keines davon ist je mit der Fachverwaltung bzw. dem Oberbürgermeister verteidigt, ausdiskutiert, geschweige denn freigegeben worden“, schränkt der Warnemünder ein. Mit dem Wechsel an der Rathausspitze scheint aber Bewegung in die Thematik zu kommen. Nach Aussage des Senators sei man derzeit in Terminabstimmung mit dem neuen Oberbürgermeister, Claus Ruhe Madsen, um über den Umgang mit den vorhandenen Entwürfen und das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Einige Planspiele präsentiert Senator Matthäus vorab und er spricht von attraktiven Auffangparkplätzen, die – als P&R oder fußläufig gelegen – errichtet und betrieben werden müssten. Am geeignetsten seien dafür von jeher die Flächen am Ortseingang B103 und an der Jugendherberge. Beide würden bereits jetzt als ebenerdige Parkplätze genutzt. Kubatur und Gestaltung müssten noch entworfen und diskutiert werden, denkbar seien aber Parkpaletten an der Stadtautobahn (mehrgeschossig) und eingeschossig an der Jugendherberge. Ein weiteres Parkhaus sei im südlichen Bereich der Mittelmole zwischen Gleisen und Terminal vorgesehen. Ob jetzt schon Bau- und Planungsrecht besteht, wird geprüft. „Die Erschließung muss gegeben sein und die Baukörper müssen sich einfügen und mit anderen Planungen konform gehen“, heißt es zum Thema „Bauen im Innenbereich“ im Baugesetzbuch §34. Als Bauherr sollte ein öffentliches Unternehmen gefunden werden und die Parkhaus Gesellschaft Rostock der Wiro (PGR) sei sicherlich prädestiniert.

„Parallel dazu müsste auch ein attraktiver Pendelverkehr aufgebaut werden. Da kommen die neuen Elektrobusse der RSAG ab 2021 ins Spiel“, sagt Holger Matthäus. Und damit die Rechnung am Ende auch aufgeht, muss das Parken im Ort gleichzeitig unattraktiver werden als in den Parkpaletten am Ortsrand: „Dazu muss ein neues Bewirtschaftungskonzept her, was definiert, wer wo wann einfahren und parken kann. Da spielen auch die Beherbergungsbetriebe eine wichtige Rolle.“

Natürlich gehört zum Ganzen auch, den Verkehr bereits an den Zufahrtsstraßen umzuleiten oder zu vermeiden. Ab Lichtenhagen wäre daher eine eigene Busspur geeignet. Hierfür könnte der Grünstreifen auf der Stadtautobahn geopfert werden. Um weitere attraktive Alternativen zur Autonutzung anbieten zu können, ist ebenso der Bau eines Radschnellweges von Lütten Klein bis Warnemünde erforderlich. In diesem Zusammenhang sei noch gesagt, dass es im Ostseebad mittlerweile auch an Fahrradstellplätzen mangelt. Wenn der Umstieg aufs Rad für die breite Masse also wirklich gewollt ist, muss in der Konsequenz auch hier weitergedacht und entwickelt werden.

„Ob es letztlich einen konsequenten oder eher soften Eingriff durch Zufahrtsbeschränkungen geben wird müssen wir gemeinsam mit allen diskutieren. Entscheiden werden am Ende der Ortsbeirat und die Bürgerschaft“, so Matthäus, der sich bereits angeboten hat, ab Herbst in einen neuen Planungsprozess mit den Warnemündern einzusteigen: „Die Zeit ist reif. Nicht nur das verkehrliche Durcheinander hat die Grenzen der Zumutbarkeit für alle überschritten, auch die laufende Energiewende und der notwendige Klimaschutz zwingen uns zum Handeln. Neue Formen der Mobilität und der Antriebstechnik sowie die Bereitschaft vieler Menschen, sich diesen Veränderungsmöglichkeiten positiv zu stellen, ermöglichen dieses Neudenken.“ Das ebenfalls bei Senator Matthäus angesiedelte neue Amt für Mobiltät soll dazu diskutierfähige Unterlagen erstellen und grundlegende Daten ermitteln. 


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